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Erste Gutachten-Leaks: Deshalb soll die AfD „gesichert rechtsextrem“ sein

Erste Gutachten-Leaks: Deshalb soll die AfD „gesichert rechtsextrem“ sein

Erste Gutachten-Leaks: Deshalb soll die AfD „gesichert rechtsextrem“ sein

AfD-Chefin Alice Weidel: Auch ihre Interviews werden im Gutachten des Verfassungsschutzes umfangreich zitiert. (Themenbild/Collage)
AfD-Chefin Alice Weidel: Auch ihre Interviews werden im Gutachten des Verfassungsschutzes umfangreich zitiert. (Themenbild/Collage)
AfD-Chefin Alice Weidel: Auch ihre Interviews werden im Gutachten des Verfassungsschutzes umfangreich zitiert. Fotos: IMAGO / Andreas Gora /// Screenshot
Erste Gutachten-Leaks
 

Deshalb soll die AfD „gesichert rechtsextrem“ sein

Dieses Gutachten hielt der Verfassungsschutz unter Verschluß – der JF liegen Teile der Begründung für die Hochstufung der AfD als „gesichert rechtsextrem“ vor. Mit dabei: Karten, Tiktok-Filmchen und Spitzen gegen „Altparteien“.
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Teile des Gutachtens, welches die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextreme Bestrebung“ rechtfertigen sollte und inzwischen zurückgenommen wurde, sind nun öffentlich erschienen. In den 17 Seiten des 1.100seitigen Papiers, welches der JF vorliegt, stützt sich das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gänzlich auf „besonders relevante“ öffentliche Aussagen der Parteispitze sowie einzelner Mandatsträger und Landesverbände. Die Behörde wirft der Partei insbesondere „ethnisch-abstammungsmäßige Aussagen und Positionen“, „Fremdenfeindlichkeit“, „Islamfeindlichkeit“ vor.

Im Gutachten führt das BfV unter anderem Kritik der Parteichefin Alice Weidel an den Folgen der Einwanderung durch Moslems. „Ich habe als Mädchen und als Jugendliche eigentlich die ganzen Themen schon mitbekommen, wenn man von jungen Horden dort angemacht wird, umringt wird im Wasser“, erinnerte sie sich in einem Interview mit der Krautzone Ende Oktober 2023. „Da wußte ich schon gleich, daß (…) wir uns mit dem Influx von kulturfremden Leuten uns ein massives gesellschaftspolitisches Problem schaffen, was entgegen unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist.“ Der Verfassungsschutz wirft ihr vor, damit in „pauschalisierender Weise“ über Moslems zu sprechen.

Als weiteres Beispiel nennt das BfV zudem die „Karte des Schreckens“ des ehemaligen EU-Abgeordneten Bernhard Zimniok vom Juni 2023. Die interaktive Karte im Auftrag der damaligen EU-Fraktion „Identität und Demokratie“ zeigte auf, wie der Anteil von Personen mit Migrationshintergrund in den einzelnen deutschen Landkreisen gestiegen ist. „Wir Deutschen werden schleichend zur Minderheit“, bemängelte Zimniok und rief dazu auf, Parteien wie die CDU und „ihre gegen Deutschland gerichteten Abschaffungspläne“ zu stoppen. Dabei sprach der Verfassungsschutz von einer Unterstellung gegenüber den genannten Parteien.

Die Kachel für die interaktive Karte, mit dem Bernhard Zimniok geworben hatte. Screenshot: JF

Die Wortwahl der AfD-Mandatsträger wird moniert

Mehrfach moniert das Bundesamt Begriffe wie „Messermigration“, „Messermänner“ und „Messerfachkräfte“, die im Zusammenhang mit steigender Messerkriminalität stehen. In diesem Kontext soll unter anderem der Brandenburger AfD-Landtagsabgeordnete Dennis Hohloch den Sturz von Baschar al-Assad „in zynischer Weise“ kommentiert haben. Auf X schrieb er wörtlich: „Ab jetzt dürften die Asylausgaben ja drastisch sinken. Aber auch ein schwerer Rückschlag für die heimische Messerindustrie.“ Aufgrund des langjährigen Bürgerkrieges im Nahostland blockierten Gerichte sowie mehrere nacheinander folgende Bundesregierungen die Bestrebungen, auch Straftäter ins Land abzuschieben.

Im Gutachten führt die Behörde zudem den vom AfD-Bundesvorstand geteilten Tweet des damaligen EU-Abgeordneten der Partei, Maximilian Krah, auf. „Dieser grüne Generalplan bedeutet Umvolkung“, kritisierte der heutige Bundestagsabgeordnete ein Plädöyer der grünen Bundestagsabgeordneten Katrin Göring-Eckardt für erleichterte Asylzuwanderung auf dem Kurznachrichtendienst X. Im Oktober 2023 hatte sie betont, Deutschland brauche in den nächsten 30 Jahren 400.000 Arbeitskräfte jährlich. „Sie gibt zu, daß es nicht um Asyl, sondern Bevölkerungspolitik geht“, bemängelte Krah. Mit der Zitierung mache sich der Verfassungsschutz „lächerlich“, schrieb er kürzlich dazu auf X.

Auch kritisiert der Verfassungsschutz mehrere Aussagen des AfD-Vorstandsmitglieds Hannes Gnauck, etwa den Satz „Jeder Fremde mehr in diesem Land ist einer zu viel“ und die Forderung einer „stringenten Remigration von denen, die hier sind“. Auch zitiert das Gutachten, der brandenburgische Bundestagsabgeordnete habe im September 2024 eine Obergrenze von „minus einer halben Million im Jahr“ befürwortet. Zugleich betonte er, „Chinesen oder Japaner“ wären noch „in Ordnung“.

Ein Staatsrechtler nennt die BfV-Begründung „wenig plausibel“

Genannt werden auch mehrere Kacheln und Kurzfilme der AfD und deren Mandatsträger in den sozialen Medien. So soll Gnaucks Fraktionskollege Dirk Brandes mit einem Video auf Facebook „Migrantinnen und Migranten als ablehnungswert stilisiert“ haben. Darin stellt er Deutschland mit „Talahons“ einem ohne „Talahons“ gegenüber. Bei dem Begriff handelt es sich um Slang für asoziale und teils Jugendliche migrantischer Herkunft. Auch kritisiert das Bundesamt Parolen wie „Abschieben schafft Wohnraum“.

Auszüge aus dem von Dirk Brandes verbreiteten Kurzfilm. Screenshot: JF

Zudem sollen mehrere Aussagen gegen das Demokratieprinzip der Verfassung verstoßen. Darunter auch ein Zitat des AfD-Vizechefs Stephan Brandner, der im November 2023 die etablierten Parteien als die „Deutschen Demokratischen Altparteien“ bezeichnet hatte und schrieb, die Verfassungsfeinde säßen darin. In diesem Kontext zitiert BfV auch die Aussagen des Co-Parteivorsitzenden Tino Chrupalla. Bei einer Demonstration im April 2023 nannte er den heutigen Bundeskanzler Friedrich Merz, die damalige Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und den CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen „Vasallen Amerikas“. Darin sieht die Behörde eine Verunglimpfung.

Bereits vor den Leaks hatten mehrere Staatsrechtler das Gutachten kritisiert. Professor Volker Boehme-Neßler von der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg nannte die Hochstufung „skandalös“. „Der Verfassungsschutz fällt ein hartes Urteil, begründet es wenig plausibel und hält die angeblichen Belege für seine Einschätzung geheim“, sagte er dem Nachrichtensender Welt-TV.

AfD-Chefin Alice Weidel: Auch ihre Interviews werden im Gutachten des Verfassungsschutzes umfangreich zitiert. Fotos: IMAGO / Andreas Gora /// Screenshot
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