MARIENBURG. Bei Erdarbeiten in der heute zu Polen gehörenden Stadt Marienburg ist ein Massengrab mit Erschossenen entdeckt worden. Nach Einschätzung des Bürgermeisters stammen die sterblichen Überreste wahrscheinlich aus dem Jahre 1945.
Bei bauvorbereitenden Bodenuntersuchungen für ein geplantes Vier-Sterne-Hotel in unmittelbarer Nähe der berühmten Marienburg seien bereits Ende Oktober zahlreiche menschliche Gebeine und Schädel entdeckt worden. Da Reste von Kleidungsstücken wie Metallteile von Gürtelschnallen gänzlich fehlten, scheinen die Opfer vor ihrem Tod unbekleidet gewesen zu sein. Manche der Schädel wiesen Durchschüsse auf.
„Hier ist es zu irgendeiner Tragödie gekommen“, sagte der Marienburger Bürgermeister Andrzej Rychłowski. „Einen Teil der Überreste hat der Gerichtsmediziner zur Untersuchung mitgenommen, um festzustellen, aus welcher Zeit sie stammen, aber wahrscheinlich war das Ende 1945.“
Inzwischen schon über zweihundert Tote entdeckt
Nach einem Bericht der Regionalzeitung Dziennik Bałtycki haben die Untersuchungen der Gerichtsmedizin ergeben, daß es sich um die Leichen von 67 Frauen, Männern und Kindern handeln soll. Mitte November sind durch starke Regenfälle indessen die Knochen von mehr als zweihundert Opfern freigespült worden. Auch fand man in der Nähe des Baufeldes Spuren von Kleiderhaufen und Munition.
Die Gazeta Malborska kritisierte am 18. November nach der zweiten Exhumierung die „große Hast“, mit der die Knochen jeweils freigeschaufelt und weggebracht worden seien. Auch wurden Zweifel an der Unabhängigkeit des Bürgermeisters laut.
Einerseits habe der Aufgaben der Denkmalpflege, darunter die Bewahrung von Bodendenkmälern, wahrzunehmen, andererseits sei er Befürworter des Hotelneubaus, der in einem archäologisch sehr sensiblen Gebiet geschehe – einen Steinwurf von der Ordensburg entfernt. Und in dem lokalen Internetforum www.marienburg.pl werfen Bürger dem zuständigen Staatsanwalt Jarosław Kembłowski seit Wochen vor, die Ermittlungen zu verschleppen.