DOHA. Zahlreiche Anhänger der iranischen Nationalmannschaft haben das Spiel gegen England (2:6) bei der WM in Katar zum Anlaß für Protest genommen. Die Fernsehzuschauer bekamen davon wenig mit. Die offiziellen Fifa-Kameras zeigten die Aktionen gegen das Mullah-Regime nicht. Lediglich das Schweigen der Spieler bei der Hymne der Islamischen Republik sorgte für Aufsehen – ein stummer Affront gegen die Machthaber.
Erst in der Nacht wurde bekannt, daß die katarische Polizei mindestens eine Frau festsetzte, die unter dem Beifall der umstehenden Zuschauer eine ältere persische Fahne gezeigt hatte. Statt der weißen „Allahu Akbar“-Schriftzüge und des heutigen Hoheitszeichens in der Mitte der grün-weiß-roten Flagge mit vier Mondsicheln und einem Schwert, die Allah symbolisieren, präsentierte sie das Tuch mit einem Löwen, der ein Schwert trägt. Dieses Emblem galt von 1979 bis 1980 – in der Übergangszeit zwischen dem Schah und der endgültigen Machtübernahme der Schiiten.
Die alte iranische Flagge wird unter dem großen Jubel der Fans im Khalifa Stadion, während des Spiels England gegen Iran, von einer unverhüllten Frau ausgepackt. 21. November. #IranRevolution pic.twitter.com/XEayULTGAA
— Shoura Hashemi (@ShouraHashemi) November 21, 2022
Katars Polizei droht Inhaftierung an
Etwas eine Stunde sollen die Beamten des Ausrichter-Landes die Frau festgehalten haben, berichtet der Londoner Journalist Pouria Zeraati. Der Reporter twitterte ein Video, in dem der weibliche Fan von Polizisten umringt ist. Dann kam die Frau frei. Laut Zeraati sollen die Polizisten jedoch gedroht haben, beim nächsten Mal werde sie inhaftiert. Der Vorwurf iranischer Zuschauer gegen die Sicherheitskräfte: Die Beamten des islamischen Emirats agierten als langer Arm des Mullah-Regimes.
Weitere Fans zeigten ebenfalls die ehemalige iranische Fahne. Mehrere Zuschauer hielten Schilder mit der Aufschrift „Woman Life Freedom“ und „Free Iran“ hoch. Die meisten weiblichen iranischen Fans trugen kein Kopftuch. Im Iran dürfen Frauen grundsätzlich nicht ins Stadion. Lediglich für ein Liga-Spiel im August gab es eine Ausnahme.
Im Iran gibt es seit Monaten in vielen Städten massive Aufstände gegen das islamische Regime, das mit großer Härte und Schußwaffen zurückschlägt sowie Todesurteile verhängt. Auslöser war der Tod einer jungen Frau in Polizeigewahrsam, die ihr Hijab nicht richtig getragen haben soll. (fh)