BERLIN. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat sich angesichts der Corona-Pandemie indirekt für Sonderrechte für Geimpfte ausgesprochen. Dabei behauptete sie gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, es gehe nicht um Privilegien, , sondern um die Rücknahme von Grundrechtseinschränkungen. Nicht die Ausübung von Grundrechten bedarf der Rechtfertigung, sondern die Einschränkung der Grundrechte durch den Staat.“
Sollte sich herausstellen, daß Geimpfte nicht mehr ansteckend seien, falle ein wichtiges Begründungselement für den Grundrechtseingriff weg, betonte die Sozialdemokratin. Vorher komme eine unterschiedliche Behandlung von Nicht-Geimpften und Geimpften nicht infrage, stellte sie klar.
Der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Carsten Watzl, sagte der Augsburger Allgemeinen, derzeit zeichne sich ab, daß auch Geimpfte das Virus weitergeben könnten. Das zeigten Studien mit dem in Großbritannien zugelassenen Impfstoff von AstraZeneca.
Merkel spricht sich gegen Sonderrechte für Geimpfte aus
Zugleich erläuterte Lambrecht, daß es nur um „einen relativ kurzen Übergangszeitraum“ gehen werde, in denen Geimpfte Vorzüge genießen würden. Denn je mehr Bürger geimpft seien, desto eher werde eine Rückkehr zur Normalität erfolgen. Derzeit müßten jedoch die Grundrechte eingeschränkt werden, um eine Verbreitung des Virus zu verhindern und Leben und Gesundheit zu schützen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich zuvor gegen Sonderrechte für Geimpfte ausgesprochen. Da noch unklar sei, ob Geimpfte andere Menschen anstecken könnten, stelle sich die Frage nach Privilegien nicht.
„Die Menschen in diesem Land sind keine Untertanen“
Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen-Papier, warf unterdessen der Bundesregierung und den Landesregierungen vor, in der Pandemie ihre Entscheidungen ohne Einbeziehung der Parlamente zu fällen. „Ich hätte mir als Staatsrechtler nie vorstellen können, daß derart intensive Freiheitseinschränkungen von der zweiten Gewalt, der Exekutive, beschlossen werden“, äußerte er am Freitag gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Papier führte weiter aus, die Politik sei auch dem Freiheitsschutz der Bürger verpflichtet. „Die Menschen in diesem Land sind keine Untertanen.“ (ag)