BERLIN. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will sich im Kampf gegen die Corona-Pandemie mit den Länderchefs auf einen „Lockdown Light“ einigen. Laut Bild-Zeitung hat das Bundeskanzleramt bereits vor der turnusmäßigen Ministerpräsidenten-Konferenz am Freitag für einen entsprechenden Schritt geworben. Bereits am morgigen Mittwoch will Merkel mit den Länderchefs mögliche Schritte beraten.
Dem Bericht zufolge richteten sich die geplanten Maßnahmen besonders gegen die Gastronomie. Merkel plädiere dafür, Restaurants und Kneipen zu schließen. Auch Veranstaltungen sollen verboten werden.
Merkel will „Wellenbrecher-Shutdown“
Wie Focus Online am Dienstag nachmittag berichtete, will Merkel am Freitag einen „Wellenbrecher-Shutdown“ beschließen. Demnach sollen alle Einrichtungen, die „dem Vergnügen dienen“ geschlossen werden. Dazu gehörten Gastronomiebetriebe und Kulturstätten wie beispielsweise Museen oder Theater.
Nach Informationen des Nachrichtenportals plädierte Merkel auch dafür, die Schulen zu schließen, habe sich mit der Forderung aber nicht durchsetzen können. „Noch vier Mal Verdopplung und das System ist am Ende“, warnte die Kanzlerin.
Schulen und Kitas hingegen sollen weiterhin geöffnet bleiben, solange sie keine hohen Infektionszahlen verzeichnen. Auch Geschäfte sollen mit neuen Einschränkungen öffnen dürfen. Merkel hatte die Situation am Montag angesichts der steigenden Infektionszahlen als „hochdynamisch“ und „dramatisch“ bezeichnet.
Laschet will strikte Kontaktverbote
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) sprach sich gegenüber dem Nachrichtenportal „ThePioneer“ für einen strikten einwöchigen Lockdown aus, in dem „gar nichts mehr gehen“ soll. „Der Vorteil dieser Lösung, die eine sehr, sehr harte ist, wäre der, daß es zeitlich begrenzt ist von einem Freitagabend bis zum Sonntag der nächsten Woche und wir dann aber wieder Schritt für Schritt die Wirtschaft hochfahren könnten“, schilderte der CDU-Vizevorsitzende.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) lehnte einen einwöchigen Lockdown hingegen ab. Seiner Ansicht nach bringe eine solche Maßnahme gar nichts. „Das ist dann quasi wie einen Tag Antibiotika genommen oder zwei. Das wird uns nicht helfen“, sagte der CSU-Politiker. Er befürworte strikte, deutschlandweit einheitliche Gegenmaßnahmen. Wie diese aussehen könnte, ließ er aber offen.
#BR24Live: #Corona-Update für #Bayern – Ministerpräsident #Söder, Gesundheitsministerin Huml, Wissenschaftsminister Sibler und Kultusminister Piazolo informieren auf einer Pressekonferenz. https://t.co/HI4gaRl7AT
— BR24 (@BR24) October 27, 2020
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) plädiert bei der Bekämpfung des Virus für strikte Kontaktverbote. Wie hoch die maximale Zahl an Kontaktpersonen sein soll, nannte er bislang nicht. Die Lage sei „sehr, sehr ernst“, begründete Laschet seine Forderung.
Gastwirte laufen gegen möglichen Lockdown Sturm
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hat eine mögliche Schließung von Gastronomiebetrieben scharf kritisiert. „Es kann nicht sein, daß wir wieder die Leidtragenden sind. Unsere Unternehmer benötigen Planungssicherheit und haben einen Anspruch darauf, daß alle Maßnahmen wohl begründet und verhältnismäßig sind“, betonte Verbandschef Guido Zöllick.
Es gehe um das Überleben der Branche. Einem Drittel der Betriebe drohe bei einer erneuten Schließung das Aus. Die politisch Verantwortlichen müßten in dem Fall vollumfänglich für den Schaden aufkommen, forderte er.
Ökonom warnt vor Lockdown
Der Ökonom Thomas Straubhaar warnte hingegen davor, das öffentliche und wirtschaftliche Leben erneut herunterzufahren. Er forderte, die Infektionszahlen in Kauf zu nehmen und stattdessen zu prüfen, ob auch mit kleinen Maßnahmen eine große Wirkung erzielt werden könne. Die Gesellschaft müsse lernen, mit dem Virus zu leben, sagte Straubhaar im Deutschlandfunk.
Wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Nachrichtenagentur dpa ergeben hat, erwarten 63 Prozent der Deutschen einen Lockdown. Rund 23 halten das für unwahrscheinlich. (zit)