BERLIN. Der Bestsellerautor und ehemalige Bundesbanker Thilo Sarrazin (SPD) hat der Alternative für Deutschland (AfD) gute Chancen ausgerechnet, sich dauerhaft in der Parteienlandschaft zu etablieren. Fände die Partei „zu innerer Stabilität“ sei „die Chance sehr groß“, sagte er im Gespräch mit der Frankfurter Neuen Presse. „Das liberal-konservative Element in der deutschen Politik ist unbesetzt, läßt Raum für neue Kräfte.“
Für den Sozialdemokraten sei es klar, „daß es auf Dauer rechts von der Union eine starke politische Kraft geben wird“. Bisher sei die Partei im Europawahlkampf nur als Ein-Themen-Partei wahrgenommen. Für ihren künftigen Erfolg müsse sich das ändern, riet Sarrazin. „Frau Merkels Union hat so viele liberalkonservative Positionen geräumt, so daß das auch nicht schwer fallen wird.“
Düstere Prognose dagegen für die FDP
Auf Sarrazins Unverständnis stieß die ablehnende Haltung der Unionsparteien. Deren Fraktionsvorsitzender, Volker Kauder (CDU), hatte sich geweigert, öffentlich mit AfD-Politikern zu diskutieren. „Mit Gregor Gysi gemeinsam aufzutreten, aber einen angesehenen Wirtschaftsprofessor wie Bernd Lucke in die Schmuddelecke zu stellen, das werden bürgerliche Wähler nicht verstehen“, spottete Sarrazin.
„Die Union macht jetzt die Erfahrung, welche die SPD mit der Linkspartei schon hinter sich hat.“ Kauder verstelle sich „mögliche Machtperspektiven in einer sich verändernden Parteienlandschaft, in der sich die SPD auch Koalitionen mit der Linkspartei vorstellen kann.“ Düster sieht es dagegen nach Sarrazin für die FDP aus. Es stelle sich die Frage, warum sich bürgerliche Wähler für eine Partei entscheiden sollten, die in der Regierung erfolglos blieb. „Weil sie einen nett aussehenden Vorsitzenden hat?“ (FA)