BERLIN. Das Bundesinnenministerium hat am Dienstag den Salafistenverein „Die wahre Religion“ (DWR) verboten. Zeitgleich durchsuchte die Polizei rund 200 Wohnungen und zwei Moschee-Vereine in zehn Bundesländern, berichtet die Welt.
Schwerpunkt der Polizeieinsätze waren Hessen mit knapp 65 Durchsuchungen, 15 davon in Frankfurt am Main. In Nordrhein-Westfalen und Bayern wurden jeweils fast 35 Objekte durchsucht, in Niedersachsen mehr als 20, in Berlin fast 20, in Baden-Württemberg rund 15, in Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und in Hamburg je etwa fünf und in Bremen ein.
Was uns wichtig ist zu sagen. #DieWahreReligion #Lies #Salafisten pic.twitter.com/t6cV9lsRQm
— Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (@BMI_Bund) November 15, 2016
Einstiegsdroge für Islamisten
Der Verein organisiert seit 2011 mit sogenannten „Lies!“-Aktionen Koranverteilungen. Er vermittle eine gewaltorientierte, extremistische Ideologie und verstoße damit gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, gibt das Blatt Sicherheitskreise wider. Laut Verfassungsschutz seien die Koranverteilungen eine Werbekampagne für einen fundamentalistischen Islam. Die Organisation spreche Moslems anderer Islam-Auffassung und Andersgläubigen die Menschenwürde ab.
Bei den Razzien wurden laut Bild-Informationen Unterlagen, Computer und Datenträger sichergestellt. Zudem soll das Vereinsvermögen beschlagnahmt werden. Festnahmen seien jedoch nicht geplant.
#Salafisten–#Razzia, trotz Verbot twittert der Verein "Die wahre Religion" weiter, behauptet, der Koran sei in Deutschland verboten worden pic.twitter.com/reQ1viObhz
— Frank Schneider (@chefreporterNRW) November 15, 2016
Kopf der Gruppe im Ausland
Als wichtigster Mann hinter dem nun verbotenen Netzwerk gilt Ibrahim Abou-Nagie. Der 52 Jahre alte Palästinenser stand bereits wegen Hart-IV-Betrugs vor Gericht. Er befinde sich derzeit in Malaysia, um für die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu werben.
Laut einer Studie des Bundeskriminalamtes haben sich in Folge der Koran-Verteilaktion Hunderte junge Moslems radikalisiert. Mehr als 140 Unterstützer der „Lies!“-Kampagne sollen bereits in den Bürgerkrieg nach Syrien und den Irak ausgereist sein. Einige der Terrorverdächtigen, die im April dieses Jahres für einen Bombenanschlag auf einen Sikh-Tempel in Essen verantwortlich gemacht werden, seien ebenfalls zuvor an der Kampagne beteiligt gewesen. (ls)