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Kiezdeutsch (II)

Kiezdeutsch (II)

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Kürzlich im Supermarkt. Ein 60jähriger Mann, Inhaber des China-Imbisses drei Straßen weiter, mit seinen beiden drei und vier Jahre alten Enkelinnen. Die beiden zetern und zerren an ihm, ihre Aufregung teilt sich den Umstehenden mit, man muß einfach hinschauen. Ich kann kein Chinesisch, doch die Situation ist leicht zu verstehen: Der Kampf der Generationen tobt um einen Schokoladenpudding!

Als die Mädchen meinen Blick bemerken, erklären sie mir im perfekten, allerliebsten Kinderdeutsch, warum es genau diese Puddingsorte sein soll und keine andere! Mir bleibt nichts anderes übrig, als in Richtung ihres Opas mahnend den Finger zu erheben, worauf er seufzend eine Viererpackung in den Einkaufskorb legt. Die Mädchen strahlen.

Als wir uns winkend voneinander verabschieden, geht mir die Frage durch den Kopf, ob die beiden sich das von Türken und Arabern geprägte „Kiezdeutsch“ (ehemals „Kanaksprak“), das bereits vor 14 Tagen an dieser Stelle erwähnt wurde, aneignen werden. Es wäre die dritte Sprache, die sie beherrschen. Eine andere Überlegung dreht sich darum, wie überflüssig, ja obszön es wäre, diese beiden Kinder als Anschauungssobjekte für irgendwelche Studien zur Integration heranzuziehen. Alles, was nötig und wünschenswert ist, vollzieht sich bei ihnen wie im Selbstlauf.

Lob für originelle Wortverschmelzungen

Wie verhält sich das zu den Erkenntnissen der Potsdamer Germanistikprofessorin Heike Wiese, die in den vergangenen Wochen für ihre Kiezdeutsch-Thesen von der Presse viel Zuspruch erfahren hat? Springers Welt-Online gab ihr am 8. Juni nochmals Gelegenheit, von den innovativen und prägnanten grammatischen Stukturen, den originellen Wortverschmelzungen und der „weiteren sprachlichen Dimension“ zu schwärmen, die das Kiezdeutsch eröffne.

„Leute, die viel Kiezdeutsch sprechen, zeigen, daß sie mit Sprache umgehen können. Nicht ausreichend gelungen ist in Deutschland, allen Kindern, gleich welcher Herkunft, die Chance zu geben, das Standarddeutsche zu lernen. (…) Wenn man ausreichend Kindergärten mit genügend und gut ausgebildeten Erziehern hat, lernt jedes Kind Standarddeutsch.“

Na klar, es liegt an der deutschen Gesellschaft und Frau Wiese voll im Trend. Ob die Eltern der kleinen Chinesinnen das genauso sehen? Gesellschaftspolitisch und unter kommunikativ-pragmatischen Aspekten bringen solche Aussagen gar nichts. Bei der Bewertung der Kiezdeutsch-Sprache und -Sprecher fehlen unter anderem: die Pisa-Werte, die Schulabschlüsse, die Ausbildungsquote, der durchschnittliche IQ der „kiezdeutschen“ Türken in Berlin-Kreuzberg, der bei 86 liegt. (Zum Vergleich: Die Fähigkeit zur beruflichen Selbständigkeit beginnt bei 105, die Debilitätsgrenze liegt bei 75.)

Weiter bleibt die körperliche Gewalt unberücksichtigt, die Anpassungsdruck erzeugt und somit auch bei der Durchsetzung sprachlicher Normen eine Rolle spielt. Außerdem: Die Nachfahren der Mehrheitsgesellschaft, die durch ein kollektives Schuldgefühl zusätzlich atomisiert ist, treffen auf die Sprößlinge von Zuwanderern, die sich um so mehr als durchsetzungsfähige, ethnisch-religiöse Einheiten begreifen, als ihnen die Schwäche der Aufnahmegesellschaft eine verständliche Verachtung einflößt.

Umkodierung des Wortes „Opfer“

Der Journalistenfrage nach der Umkodierung des Wortes „Opfer“, das für die deutsche Geschichts- und Gesellschaftspolitik zentral ist, als ein gegen deutsche Kinder und Jugendliche gerichtetes Schimpfwort, weicht Wiese in Erläuterungen zum Wörtchen „geil“ aus.

Dennoch sind es keine Glasperlenspiele, die sie betreibt. Sie liefert Bausteine für eine fatale Gleichheits- und Gleichwertigkeitsideologie, die die praktizierte Politik unterfüttert. In Berlin sollen verstärkt „Migranten“ in den öffentlichen, insbesondere den Polizeidienst übernommen werden, was angesichts des Bildungsniveaus nur durch eine massive Absenkung der Ansprüche möglich ist.

Und gerade erklimmt der Wahnsinn eine neue Stufe: 30 Prozent der Berliner Gymnasialplätze sollen verlost, zehn Prozent für „sozial Benachteiligte“ reserviert werden. Daraus ergeben sich drei Fragen: Dürfen Abituraufsätze demnächst auch in Kiezdeutsch verfaßt werden? Werden Lehrer, die sich dagegen sträuben, künftig als „Rassisten“ an den öffentlichen Pranger gestellt? Werden sich die chinesischen Schwestern in so einem Land jemals wohl und zu Hause fühlen?

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