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Förderung ohne Anforderung

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„Niemand soll mehr aus finanziellen Gründen in unserem Land auf ein Studium verzichten“, mit diesen Worten begründete die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn, ihre neue Bildungskampagne. Seit im April 2001 das veränderte Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) beschlossen wurde, hat es tatsächlich zu einem wahren Sturm auf die aus allen Nähten platzenden Hochschulen geführt. Ungeachtet überfüllter Hörsäle, starrer Reglements und zum Teil hoffnungslos veralterten Inventars ist der Anteil der BAföG-Empfänger um 14 Prozent gestiegen und hat damit offengelegt, was sich als Kennzeichen moderner Bildungspolitik allmählich abzuzeichnen begann: die deutschen Bildungshochburgen werden zunehmend zum Abiturersatz. Jeder andere muß das Gefühl haben, Geld zu verschenken Nachdem erst im Frühjahr diesen Jahres die Fahnder der BAföG-Ämter einen „nachdenklich stimmenden“ Millionenschwindel aufgedeckt haben und Nachzahlungen der „BAföG-Betrüger“ in die Millionen Euro gingen, kann die Bundesregierung nun wieder mit einer aus ihrer Sicht positiven Meldung aufwarten: Die von Bundeskanzler Gerhard Schröder zusammengestutzte BAföG- Reform ließ nicht nur die Zahl der BAföG-Höchstsätze steil in die Höhe schnellen: Im letzten Jahr stieg der Anteil der BAföG-Empfänger um 59.000. Beinahe die Hälfte der über 700.000 BAföG-Nutznießer (davon 452.000 Studenten) erhält dabei den maximalen Förderbeitrag von 585 Euro. „Jeder, der keinen Antrag stellt, muß mit dem Gefühl leben, viel Geld zu verschenken“, heißt es auf den Seiten des Regensburger Studentenwerkes. Auch den „Erstis“ wird also von Amtswegen bereits die richtige Mentalität im Umgang mit Staatsgeldern nähergebracht. Dabei berappen deutsche Steuerzahler pro Student und Semester im Durchschnitt 4.000 Euro und sorgen für ein kostenloses Studium, das kaum Leistungsanreize bietet. Die Bundesbildungsministerin Bulmahn ist von diesem neuen Ansturm auf die deutschen Bildungseinrichtungen verzückt und kündigte an, daß die Bundesregierung auch in Zukunft das hohe Niveau der Ausbildungsförderung halten werde. Studenten wissen, daß diese Ankündigung mit dem anhaltenden Verfall der Hochschulen selbst erkauft wird. So brachten Bund und Länder im Jahr 2002 für die Ausbildungsförderung von Schülern und Studenten dem Statistischen Bundesamt zufolge rund 1,9 Milliarden Euro auf. Angesichts dringender Sparmaßnahmen ließ die Bundesregierung bereits durchscheinen, daß mit dieser Summe bereits der Zenit finanzieller Möglichkeiten überschritten wäre. Obwohl der Bildungs- und Forschungsetat in den letzten Jahren im Angesicht der Wirtschaftskrise angehoben wurde, versickert das Geld nach wie vor in einem undurchsichtigen Netz aus Bürokratie und Inkompetenz. Der Anstieg der Studentenzahlen im vergangenen Jahr kam trotz allem überraschend. Eine Reihe von Vergünstigungen sorgte dafür, daß das neue BAföG breiten Anklang fand. Auf der Grundlage des Rechtsanspruches auf Ausbildungsförderung sieht das neue Gesetz höhere Freibeträge (aufs Jahr verteilt 5.200 Euro) und Bedarfssätze vor und beschränkt die Rückzahlung auf 10.000 Euro, „um die Einkommensschwächsten durch Darlehensrückzahlung nicht abzuschrecken“. Außerdem wird das Kindergeld nicht mehr angerechnet, und junge Mütter können nun bei Schwangerschaft während des Studiums acht statt bisher vier zusätzliche Semester für die Förderung geltend machen. Insgesamt wurde das System der Förderleistungen der neuen und alten Bundesländer vereinheitlicht. Durch den EU-weiten Bezug des BAföG bis zum Studienabschluß soll die favorisierte größere Internationalisierung deutscher Studenten verwirklicht werden. Voraussetzung ist lediglich, daß man zumindest zwei Semester in Deutschland studiert hat. EU-weiter BAföG-Bezug soll Internationalisierung fördern Aber auch den heimischen Langzeitstudenten möchte das neue BAföG helfen. Mittels der Studienabschlußhilfe kann das Studium nochmals um zwei Jahre verlängert werden. Wer gänzlich außerhalb des gesetzlichen BAföG-Anspruchs steht, kann sich über einen günstigen Bildungskredit zeitweilige finanzielle Erleichterung verschaffen. Die umstrittenen neuen „Bakkalaureusstudiengänge“ profitieren von der neuen Regelung, nachdem die Förderung auch dann nicht abbricht, wenn der „Master“ auf einem gänzlich anderen Fachgebiet erfolgen sollte. Ein weiteres Argument für einen Studienantritt liefert die durchschnittliche BAföG-Höhe, die mittlerweile – laut Bundesregierung – auf 380 Euro angehoben wurde, was allerdings einem Anstieg von sechs Euro pro Monat entspricht. Für einen Großteil der vor allem lernwilligen Studenten reichen auch diese Mittel längst nicht mehr aus, um Miete, Bücher und Lebensnotwendigkeiten bezahlen zu können. Als billige Arbeitskräfte am unteren Existenzminimum arbeiten etwa zwei Drittel aller Jungakademiker in Deutschland neben ihrem Studium. Das neue BAföG zielt auf Kosten der Elitenförderung darauf ab, möglichst viele Abiturienten an die Hochschulen zu ziehen. Um beim quantitativen Vergleich europäischer Studienantrittszahlen mithalten zu können, nimmt man Langzeitstudium und Mittelmaß scheinbar gern in Kauf.

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Marc Jongen, ESN Fraktion
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