Die Zahl der wohlhabenden Privatpersonen ist im vergangenen Jahr weltweit um 2,6 Prozent auf 23,4 Millionen gestiegen. Laut dem „World Wealth Report 2025“ der französischen Unternehmensberatung Capgemini wuchs die Gruppe der Personen mit einem investierbaren Kapital von mindestens einer Million Dollar um 1,5 Millionen.
Besonders stark fiel der Vermögenszuwachs in den USA aus: Hier stieg die Zahl der Dollar-Millionäre um 562.000 auf insgesamt 7,9 Millionen. Das entspricht einem Anstieg von 7,6 Prozent. In Japan gab es voriges Jahr 210.000 Millionäre mehr als 2023 (plus 5,6 Prozent). Noch deutlicher fiel das Wachstum bei den besonders reichen Anlegern mit einem Vermögen von über 30 Millionen Dollar aus. Diese Gruppe nahm weltweit um 6,2 Prozent zu. In Europa stieg ihre Zahl immerhin um 3,5 Prozent.
Weniger Millionäre in Deutschland
Unterstützt wurde dieser Trend durch eine positive Entwicklung an den Aktienmärkten und durch wachsendes Vertrauen in die wirtschaftlichen Chancen digitaler Technologien, insbesondere der Künstlichen Intelligenz (KI).
In Europa schrumpfte die Millionärszahl insgesamt allerdings um 2,1 Prozent. Deutschland verzeichnete dabei einen Rückgang um 41.000 Personen auf 1,6 Millionen. Dies erklärt Capgemini mit rückläufigen Immobilienpreisen. Die Vermögenssumme der Reichen in Deutschland blieb hingegen mit umgerechnet 6,32 Billionen Dollar fast unverändert.
Ein klarer Wandel zeige sich in der Verteilung des Vermögens über verschiedene Anlageformen hinweg. Alternative Investitionen – darunter Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen, digitale Zahlungsmittel, Infrastrukturprojekte und Sachwerte – machen inzwischen durchschnittlich 15 Prozent der Vermögen aus. Vor allem Beteiligungen an mittelständischen Unternehmen gewinnen an Bedeutung. Der Wunsch nach höheren Erträgen und größerer Unabhängigkeit von Schwankungen an den Börsen ist dafür ein wesentlicher Grund.
Vermögensanlagen unterliegen ständigem Wandel
Die Anlageformen und Ziele unterliegen einem ständigen Wandel. „Der große Vermögenstransfer wird ein entscheidender Moment: Obwohl das weltweite Vermögen steigt, planen 81 Prozent der Erben innerhalb von ein bis zwei Jahren nach der Erbschaft den Verwalter zu wechseln“, erklärte Carina Leidig, Leiterin Wealth & Asset Management bei Capgemini Invent.
Insgesamt soll bis zum Jahr 2040 ein Gesamtvermögen von rund 83,5 Billionen Dollar den Besitzer wechseln. Bereits bis 2030 wird fast ein Drittel der jungen Vermögenden eine Erbschaft erhalten. 61 Prozent der vermögenden Personen unter 40 Jahren geben an, bewußt mehr Risiken eingehen zu wollen, um ihr Vermögen durch Investitionen in Technologie, digitale Werte und neue Unternehmensmodelle zu vergrößern. 88 Prozent der Berater sehen in dieser Generation ein besonders starkes Interesse an „alternativen Anlagen“.
Zudem steigt die Nachfrage nach regionalen Finanzzentren wie Singapur, Hongkong, Dubai oder Riad. Die Hälfte der befragten Vermögensverwalter gibt an, daß fehlende Angebote in diesen Regionen zu Abwanderung von Kunden führen können.
Kriegerische Geopolitik als Risiko
Ergänzende Einblicke bietet der diesjährige Bericht zu internationalen Großvermögen der Schweizer Großbank UBS. Befragt wurden dafür über 300 sogenannte „Family Offices“, die das Vermögen großer Unternehmerfamilien betreuen. Diese sorgen sich aktuell vor allem um Zoll- und Handelsstreitigkeiten (70 Prozent), geopolitische Spannungen (52 Prozent) und die Inflation (44 Prozent).
Auf Fünf-Jahres-Sicht zeigt sich ein etwas anderes Bild: 61 Prozent sehen die kriegerische Geopolitik als zentrales Risiko, 53 Prozent befürchten eine Rezession, und 53 Prozent besorgt eine Verschuldungskrise. Dennoch wollen knapp 60 Prozent ihre Risikostrategie nicht verändern, fast ein Drittel plant sogar eine höhere Bereitschaft zum Kapitalrisiko.
„Unser neuester Bericht erinnert daran, daß Family Offices weltweit in erster Linie eine stetige, langfristige Strategie verfolgen, um das Vermögen über Generationen hinweg zu erhalten“, erklärte Benjamin Cavalli, Leiter Strategische Kunden bei der UBS.
Verschiedene Investitionsfelder und Anlagestrategien
Die Zusammensetzung der Vermögen spiegelt diese Haltung wider. Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen machten 2024 durchschnittlich 21 Prozent der Anlagen aus, in Europa sogar 27 Prozent. Aktien blieben mit etwa 30 Prozent weiterhin die wichtigste Anlageform. Die häufigsten Investitionsfelder waren Medizin, Digitalisierung der Energienetze und Automatisierung.
Zudem zeigt sich eine starke Heimatbindung in den Anlagestrategien. In den USA wurden rund 86 Prozent des investierten Vermögens in Nordamerika gehalten. In Europa lag der Anteil bei rund 43 Prozent für Nordamerika und 44 Prozent für Westeuropa. Anlagen in Asien oder Südamerika spielten eine vergleichsweise geringe Rolle.
Unterschätzung der Bedeutung frühzeitiger Nachfolgeregelungen
Judy Spalthoff, Leiterin der Family Office Solutions Group bei UBS, hebt in diesem Zusammenhang die Bedeutung frühzeitiger Nachfolgeregelungen hervor: „Es ist ein Fortschritt, aber es gibt noch viel zu tun. Das Fehlen eines Plans zur Vermögensübertragung, verbunden mit dem Mangel an Gesprächen, die erklären, warum bestimmte Entscheidungen getroffen wurden, kann für Erben problematisch sein.“
Neben den klassischen Anlagen und Verwaltungsaufgaben werden zunehmend Zusatzleistungen nachgefragt. Auch digitale Infrastrukturen gewinnen an Bedeutung. Vermögende Kunden erwarten digitale Verwaltungsplattformen, die einen vollständigen Überblick ermöglichen, Verwaltungsprozesse automatisieren und auf persönliche Bedürfnisse zugeschnitten sind.
Beide Studien zeigen: Die Struktur des weltweiten Reichtums verändert sich. Das Vermögen wächst, es konzentriert sich in wenigen Regionen, und es wird künftig von einer neuen Generation verwaltet, die vielleicht andere Anforderungen stellt als die vorherige. Die Finanzwirtschaft muß sich diesem Wandel inhaltlich, strategisch und technologisch stellen.