WIESBADEN. Die deutsche Wirtschaftsleistung ist im zweiten Quartal gegenüber dem ersten Quartal überraschend um 0,1 Prozent gesunken. Zuvor hatten Analysten noch mit einem leichten Wachstum gerechnet. Auch gegenüber dem Vorjahreszeitraum sank das Bruttosozialprodukt um 0,1 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag mit.
„Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise fest“, kommentierte der Leiter der Konjunkturumfragen beim Ifo-Institut, Klaus Wohlrabe, die aktuellen Zahlen. „Auch für das dritte Quartal 2024 ist kaum Besserung zu erwarten“, warnte er. „Darauf deuten die Ergebnisse beim Ifo-Geschäftsklimaindex aus dem Juli hin.“
Experten haben wenig Hoffnung
Vor allem bei der Industrie lasse die Trendwende auf sich warten. „Insgesamt nehmen die Auftragspolster immer weiter ab, und der Industrie fehlt es an Neuaufträgen“, unterstrich das Ifo-Institut. „Die Beurteilung der aktuellen Lage ist im Juli auf den tiefsten Wert seit September 2020 gesunken, und die Geschäftserwartungen für die kommenden Monate haben sich deutlich eingetrübt.“
Auch der Chefökonom der Commerzbank, Jörg Krämer, zeigte sich pessimistisch. „Der unerwartete Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im zweiten Quartal um 0,1 Prozent zeigt wieder einmal, daß von einem nennenswerten Aufschwung in Deutschland keine Rede sein kann“, sagte er nach Angaben der „Tagesschau“.
Scholz versprach grünes Wirtschaftswunder
Die Bundesregierung geht für dieses Jahr von einem leichten Wachstum der Wirtschaftskraft aus. „Heute erhöhen wir die Wachstumserwartung für Deutschland moderat auf 0,3 Prozent. Die Anzeichen für eine konjunkturelle Aufhellung haben sich verstärkt“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck noch Ende April. Für das kommende Jahr geht Habeck von einem Wachstum von einem Prozent aus.
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte den Bürgern im März 2023 ein deutlich höheres Wachstum versprochen. „Wegen der hohen Investitionen in den Klimaschutz wird Deutschland für einige Zeit Wachstumsraten erzielen können, wie zuletzt in den 1950er- und 1960er-Jahren geschehen.“ Damals wuchs die Wirtschaft um etwa acht Prozent im Jahr. Ein halbes Jahr später erklärte das Bundesverfassungsgericht allerdings die Umwidmung von Corona-Hilfsmilliarden in den Klimafonds von Wirtschaftsminister Habeck für verfassungswidrig. (ho)