Die Krise der Finanzmärkte ist das Ergebnis struktureller Fehlentwicklungen. Ohne deren Beseitigung sind die Rettungspakete der Grundstein für die nächste Krise. Während früher die großen Akteure der Hochfinanz — die Investmentbanken der Wall Street, die Merchant-Banken in London — als Partnerschaften organisiert waren und sich die Gewinne gemeinschaftlich teilten, so hafteten sie auch bei Verlusten mit ihrem privaten Vermögen. Sie sorgten deshalb dafür, daß keine zu hohen Risiken eingegangen wurden. Heute arbeiten Investmentbanken und Hedge-Fonds nach dem verantwortungslosen Prinzip, daß die Bankangestellten und Fondsmanager an den Gewinnen stark beteiligt werden — aber Verluste von den Aktionären der Bank, den Anteilseignern der Fonds oder den Kreditgebern geschultert werden müssen. Erst wenn das frühere Geschäftsmodell wieder greift, ist eine Ursache der Krise beseitigt. Früher führte starkes Wachstum der Wirtschaft zu vielen neuen Arbeitsplätzen und steigenden Löhnen. Seit den neunziger Jahren befördert Wirtschaftswachstum in Deutschland die Vergrößerung der Kluft zwischen hohen und niedrigen Einkommen. Inzwischen ist sie größer geworden als in den von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) untersuchten anderen Ländern. Erst wenn die Ungleichheit der Entwicklung der Löhne von Mittel- und Geringverdienern beseitigt wird, ist eine weitere Ursache der Krise beseitigt. Die milliardenschwere Finanzrettungsaktion zu sozialisieren — sprich von allen bezahlen zu lassen — und die Gewinne einer vorangegangenen Expansionsperiode zu privatisieren, hat mit sozialer Marktwirtschaft wenig zu tun. Diese Entwicklung reflektiert vielmehr einen Prozeß der finanziellen Globalisierung, der die wirtschaftliche Instabilität verstärkt.