Die künstliche Veränderung der genetischen Struktur der Nutzpflan-zen sei notwendig, um die wachsende Weltbevölkerung ernähren zu können – behaupten die Vertreter der Biotech-Branche. Außerdem sei dieser industrielle Eingriff in die Schöpfung sogar segensreich, denn wenn dadurch beispielsweise die Resistenz gegen Schädlinge erhöht werde, könne man sich die Ausbringung chemischer Substanzen auf die Felder sparen – zwei an sich einleuchtende Argumente. Doch bekanntlich kann man auch allerhand andere Dinge anstellen, wenn man die intimsten Abläufe eines Organismus beherrscht, und es wäre naiv zu denken, daß der moderne Mensch Skrupel hätte, auch unselige Grenzen zu überschreiten. So eine Schwelle innerhalb der Gentechnologie stellt seit einiger Zeit die „Terminator-Technologie“ (englisch: to terminate = beenden) dar. Dabei handelt es sich um eine Methode, Pflanzen vor dem Verkauf zu sterilisieren, so daß der Käufer daraus keine neuen Pflanzen züchten kann, sondern immer wieder nachkaufen muß. Dazu wird ein Gen aus der Seifenpflanze in die DNA der Saatpflanze eingesetzt. Dieses Gen enthält die Anleitung zum Bau des Proteins Saporin. Nach der Produktion von Saporin in der Zelle können keine weiteren Eiweiße mehr hergestellt werden, damit sind die Samen der betroffenen Pflanze zur Fortpflanzung unbrauchbar. Doch das Verfahren ist noch erheblich komplizierter. Der Verkäufer – zur Zeit ist es der Biotech-Konzern Monsanto – muß dafür sorgen, daß die Sterilität aufhebbar ist, um selbst züchten zu können. Dazu wird im zweiten Schritt gleich eine Genkombination aus einem Bakteriophagen zusätzlich in die Pflanzen-DNA eingesetzt, um das Enzym Rekombinase herstellen zu lassen, das die DNA aufschneiden kann. Dazu wird ein weiteres Fremdgen in die Pflanze eingebaut, das vom Darmbakterium Escheria coli stammt und ein Protein codiert, das repressiv auf den Sterilisationsmechanismus wirkt. Durch Zugabe des Antibiotikums Tetracyclin kann der Züchter am Ende der Zuchtphase die Wirkung des Repressor-Proteins zerstören. Diese chemische Behandlung wirft die komplizierte Genkaskade an und sorgt für die Produktion steriler Samen während des Anbaus – ein äußerst raffiniertes Verfahren. Sterile Pflanzen durch Einbau von fremden Genen Die „Terminator-Technologie“ ist eine von derzeit rund 60 Techniken des biologischen Patentschutzes, die unter der Bezeichnung „Gene Usage Restriction Technologies“ (GURT) zusammengefaßt werden. Eine neue Studie des Umweltbundesamtes (UBA) benennt die wesentlichen Risiken dieses genetischen „Patentschutzes“: Landwirte werden von der Saatgutindustrie abhängig, weil sie für das Folgejahr neues Saatgut und keimungsfördernde Chemikalien kaufen müssen. Besonders in den Entwicklungsländern wäre das ein gravierendes Problem, weil dort meistens das Saatgut aus der eigenen Ernte selektiert wird. Außerdem können gentechnisch veränderte Pollen vom Feld in benachbarte Areale gelangen. Sind Kreuzungspartner vorhanden, entstehen möglicherweise auch bei anderen Pflanzensorten keimunfähige Samen. Die Artenvielfalt dieser Region wäre dann gefährdet. Trotz zahlreicher Warnungen auch von Internationalen Organisationen könnte die Technologie in etwa fünf bis zehn Jahren zur kommerziellen Anwendung kommen, befürchtet Antje Hartmann von der TU Bergakademie Freiberg, die für das UBA eine Studie über die Terminator Technologie erstellt hat. Die Möglichkeiten sind aber noch viel größer: Seit der US-Patentanmeldung im März 1998 haben sich zur „Terminator-Technik“ andere ähnliche Patente hinzugesellt. Der schweizerische Chemie-Riese Novartis und der britische-schwedische Gentechnik-Konzern Astra-Zeneca sind neben dem US-amerikanische Biotechnik-Konzern Monsanto weitere Unternehmen, die eine Methode gefunden haben, die pflanzlichen Abläufe extern zu regulieren, so daß zahlreiche Eigenschaften verändert werden können, etwa der Nährwertgehalt, der Geschmack und die Blüte. Es ist aber auch möglich, Pflanzen herzustellen, die nur dann normal wachsen können, wenn sie regelmäßig mit einer chemischen Substanz behandelt werden. Die sechste Konferenz der Vertragsstaaten der Biodiversitätskonvention, die letzte Woche in Den Haag stattfand, fordert die weltweite Ächtung von Terminator- und GURTs-Technologien. Wohl mit wenig Erfolg, denn dazu müßte man die gesamte Gentechnik mit ihren milliardenschweren Umsätzen weltweit verbieten. Eine naive Vorstellung. Die Agrarindustrie hat natürlich auch schlagende Argumente für ihren speziellen Technologieschutz. Der Monsanto-Konzern, der den Saatgutmarkt in den USA inzwischen dominiert, beziffert die Kosten für die Entwicklung einer erfolgreichen transgenen Pflanze wie „RoundUp-Ready“-Sojabohnen oder „Bt-Mais“ mit etwa 300 Millionen US-Dollar. Die multinationalen Agrarunternehmen verfolgen daher die Strategie, das Saatgut nicht zu verkaufen sondern nur für den einmaligen Gebrauch zu „vermieten“. Offenbar mit Erfolg, denn die Anbaufläche in den USA mit gentechnisch veränderten Nutzpflanzen stieg von 1,5 Millionen Hektar 1996 auf über 20 Millionen Hektar 1998. Inzwischen dürften noch weitere Hektar dazugekommen sein. Offenbar akzeptiert die Bevölkerung der führenden Industrienationen, daß eine Pflanze ebenso ein patentierbares Produkt ist wie eine Bohrmaschine. Mit moralisch begründeten Verboten, die ja immer Ausdruck einer Weltanschauung sind, wird man den Gen-Krämerladen nicht dichtmachen können. Hier kann nur das Kaufverhalten der Verbraucher etwas bewirken – wenn der Gesetzgeber eine umfassende Kennzeichnungspflicht durchsetzt.