Sie ist dankbar und undankbar zugleich: die redaktionelle Verantwortung für die eingehende Leserpost – die ja ganz direkt Zeugnis ablegt von der Wirkung unseres Schaffens. Jedesmal neu nötigt es Respekt ab, wenn man die Post in den Händen hält und sieht, daß sich jemand die Zeit genommen hat, um uns und – nicht zuletzt – den anderen Lesern zu offenbaren, was ihn bewegt. Aus einem Bedürfnis heraus, oft tief in seiner Brust. Im Bewußtsein des Redakteurs meldet sich derweilen, immer wenn die Auswahl zu treffen ist, eine Stimme (Matthäus 5,6), die da sagt: „Selig sind, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, denn sie werden gesättigt werden.“ Wenn es doch so einfach wäre! Denn nur zu oft müssen mit übervollem Herzen geschriebene Briefe, nicht selten viele Seiten lang, auf ein minimales Maß gekürzt werden, so daß der Redakteur zuweilen mitleidet, ja, sich unbarmherzig schilt, weil er ganze Lebensgeschichten aus Platzgründen ausblenden muß. Und es sind noch andere Briefe, die – aus diversen Gründen – keinen Eingang finden können, und die umso schwerer auf dem Gewissen des Redakteurs lasten, und das im wörtlichen Sinn. Hier hilft ein so geflügeltes Wort wie „Lastenausgleich“ beileibe nicht weiter. Umso stärker berührt es einen dann, zugleich aber auch das Gewissen, wenn Leser im persönlichen Gespräch uns ihrer unverbrüchlichen Wertschätzung versichern. So schön das ist, es ist nicht einfach, wenn man an jene denkt, denen keine Gerechtigkeit widerfahren ist. Dies liegt teilweise auch daran, daß die Zahl der Leserzuschriften in den vergangenen Monaten immens zugenommen hat. Kamen früher vor allem Briefe auf klassischem Postweg und via Telefax, so erreichen uns diese immer häufiger über die E-Post. Natürlich gibt es auch solche, die uns – neben anderen – in einem Verteiler beliefern. Die haben naturgemäß schlechte Karten, ebenso wie jene, die sich nie auf einen Artikel beziehen, sondern generell eine Erklärung zur Lage der Nation verfassen. Doch beinahe wöchentlich gibt es auch Zuschriften von Lesern, die zu anderen einen Kontakt herstellen möchten. Nicht zuletzt über die Weiterleitung dieser Post erfahren wir, daß das Leserforum tatsächlich lebendig ist. Weitere Informationen, mit Fotos, Grafiken u.ä. finden Sie in der PDF-Datei „20 Jahre JUNGE FREIHEIT“. oder im Portal JUNGE FREIHEIT