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Weltjugendtag

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Eine Million Christen strömte am vergangenen Wochenende in Köln zur Messe von Papst Benedikt XVI. unter freiem Himmel. Eigenartige Sprachlosigkeit befiel die Medien. Sie bemühten sich redlich, das Haar in der Suppe dieser Massenveranstaltung zu finden. Beliebte Interviewpartner waren Vertreter kirchlicher Splittergruppen und Sekten wie der „Kirche von unten“, die eintönig die alte Gebetsmühle von der „veralteten Sexualmoral“, überholtem Zölibat, Frauenpriesterschaft und mangelnder Demokratisierung der Kirche drehten. Den katholischen Christen ist es mit dem Weltjugendtag gelungen, das Modell von Massenevangelisationen zu übernehmen, wie sie besonders von evangelikalen Freikirchen seit Jahren erfolgreich betrieben werden. Während die evangelische Kirche nun aber in Hunderte und Tausende vielfach konkurrierende Einzelkirchen zerfällt, manifestiert sich bei der katholischen die Einheit der Kirche in einem Ort, Rom, und einer Person, dem Papst. Es scheint das Einfache, Schlichte, die instinktiv wahrnehmbare und zur Affirmation herausfordernde Autorität dieser Kirche zu sein, die gerade junge Leute anzieht, weil sie ansonsten immer weniger Halt und Grenzen finden. Der Papst hat offensichtlich nicht trotz, sondern wegen der von ihm vertretenen klaren Werte die Jugend in Scharen angezogen. In einer Zeit des galoppierenden Laissez faire, der ständig wechselnden Moden, der Vergötterung des „Ich“, des Materialismus wirkt die von ihm machtvoll verkündete christliche Botschaft wie ein Gegenpol. Bemerkenswert ist der offensichtliche Kontrast des neuen Papstes gegenüber dem alten. Während Johannes Paul II. lange durch seine Juvenilität die Jugend bewegt haben und ein Virtuose der Mediengesellschaft gewesen sein soll, fällt bei Benedikt XVI. die Sparsamkeit der Gesten, die Zurückhaltung, das bescheidene, unprätentiöse Auftreten, das fast schon Preußische am Bayern auf. Die Synthese aus Bilderpracht, Zeremoniell, gezähmtem Pomp, intellektueller und geistlicher Schärfe ziehen an diesem Papst an und reißen offenbar gerade Jugendliche mit, denen Autoritäten und Meister abhanden gekommen sind. Derzeit hat Benedikt XVI. die Kritiker weitgehend zum Verstummen gebracht. Wer geglaubt hatte, der Papst müsse womöglich gerade in Deutschland einen Spießrutenlauf absolvieren oder stoße sowohl in der Gesellschaft als auch in der eigenen Kirche auf Reserve, sieht sich getäuscht. Der einstige „Panzerkardinal“ hat das Land im Sturm genommen. Nun wird abzuwarten sein, wie sich sein Pontifikat auf die von Selbstzweifeln gebeutelten deutschen Bistümer auswirkt. Die Eilfertigkeit, mit der Kardinal Lehmann, Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz, bei seinen jüngsten Fernsehinterviews immer wieder die Zeitgeistkompatibilität des Papstes und der Kirche zu betonen versuchte, verdeutlichten eindringlich, welche Aufgaben für Benedikt XVI. noch zu bestellen sind. Das Rückgrat der deutschen Kirche ist weich geworden. Der deutsche Papst macht aber auch seinen Landsleuten mit ihrer lädierten Identität neuen Mut. Selbstverständlich sprach er von seinem „lieben deutschen Vaterland“, das Gott segnen möge. Wie selten hört man noch diese Worte.

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