Im allgemeinen Drunter und Drüber der rot-grünen Regierung aus Maut-Debakel, Praxis-Gebühr-Debatte, Rentner-Wut ist der Medien-Konsument für manches schon gar nicht mehr aufnahmefähig, was in ruhigeren Zeiten eine Regierungskrise mit Rücktritten der politisch Verantwortlichen auslösen müßte. In der vergangenen Woche ging ein Prozeß vor dem Kölner Landgericht zu Ende. Spektakulär war das, was der Vorsitzende Richter, Ulrich Höppner, dort vom Stapel ließ. Er hatte ein Urteil gegen eine ukrainische Schlepperbande zu fällen, die in großem Stil Menschen in den „Schengen-Raum“ der EU geschleust hatte. Der 40jährige Kopf der Bande wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt. 567 Personen soll er über 34 Tarnfirmen in die EU geschmuggelt haben. Daß der Ukrainer nur zu fünf und nicht zu acht oder neun Jahren verurteilt wurde, begründete Richter Höppner mit „schwerem Fehlverhalten“ des deutschen Auswärtigen Amtes. So konnten sich die ukrainischen Menschen-Schmuggler eine unter dem grünen Außenminister Joschka Fischer eingeführte superlasche Vergabepraxis für Reisevisa durch die deutsche Botschaft in der ukrainischen Hauptstadt Kiew zunutze machen. Auf Weisung Außenminister Fischers wurde der nach seinem Staatsminister sogenannte „Volmer-Erlaß“ am 3. März 2000 an alle deutschen Auslandsvertretungen verschickt, woraufhin die Einreisebestimmungen nach Deutschland kräftig gelockert wurden. Wichtigster Satz: „Im Zweifel für die Reisefreiheit.“ Im Jahr 2001 nutzten allein 300.000 Ukrainer die sperrangelweit geöffneten Scheunentore, um mit dem Freibrief der deutschen Botschaft nach Mitteleuropa zu kommen. Pikante Fußnote: Dank des von Fischer verordneten Laissez-faire dürften mutmaßlich auch die leichten Damen jenes ukrainischen Prostituiertenringes nach Berlin geschleust worden sein, die den Fernsehmoderator und ehemaligen CDU-Funktionär Michel Friedman im letzten Jahr in arge Bedrängnis brachten. Richter Höppner sprach deshalb verbittert von „einem kalten Putsch der politischen Leitung des Auswärtigen Amtes gegen die bestehende Gesetzeslage“. Nun will die Staatsanwaltschaft im Auswärtigen Amt und der deutschen Botschaft in Kiew ermitteln und prüfen, inwieweit sogar Korruption bei der laxen Visapraxis eine Rolle spielt. Empörend ist die Gleichgültigkeit, mit der das Thema „Schlepper-Kriminalität“ immer noch behandelt wird. Die EU-Kommission geht von 120.000 Frauen und Kindern aus, die pro Jahr von Ost- nach Westeuropa verkauft werden. Seit der Wende hat nach offiziellen Angaben alleine eine halbe Million Ukrainerinnen das Land verlassen – „viele davon dürften im Ausland sexuell ausgebeutet worden sein“, meldete kürzlich der Deutschlandfunk. Daß die rot-grüne Bundesregierung nicht offensiv gegen den Mißbrauch deutscher Einreisebestimmungen vorgeht, sondern sogar den kriminellen Menschenhändlern die Arbeit erleichtert, ist ein unglaublicher Skandal.