BERLIN. Ein Brandanschlag auf einen Kabelschacht bei Düsseldorf hat im Sommer den Zugverkehr in halb Deutschland lahmgelegt (die JF berichtete). Hinter der Tat stand eine linksextreme Gruppe, die sich offen auf die Kampagne „Switch Off – the system of destruction“ beruft.
Seit zwei Jahren häufen sich in Deutschland und im benachbarten Ausland ähnliche Attacken. Betroffen waren Kabelanlagen zwischen Bremen und Hamburg, eine Bahnstrecke in Berlin, das Grenzgebiet bei Basel sowie zuletzt die Verbindung Düsseldorf–Duisburg. Immer wieder tauchen Bekennerschreiben auf der linken Plattform Indymedia auf. Hinter den Aktionen stehen Gruppen, die unter dem Namen „Switch Off“ (Deutsch: ausschalten) auftreten.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) stuft die 2023 gestartete Kampagne als derzeit bedeutendste militante Strömung im Linksextremismus ein. Sie verbindet klassische antikapitalistische Parolen mit klimapolitischen Themen und verwirft ausdrücklich jedes staatliche Handeln zur Lösung der Klimakrise. Statt dessen fordern die Aktivisten Angriffe auf die „Infrastruktur des Kapitalismus“.
Linksextreme posten Anleitung zum Nachahmen
Die Welt berichtet über eine besonders brisante, im September 2024 veröffentlichte Broschüre mit dem Titel „Kabel anzünden für Beginner“. Auf 23 Seiten erklären dort die Linksextremisten, wie Sabotageakte mit frei erhältlichen Materialien aus dem Supermarkt oder Baumarkt vorbereitet werden können. Die Anleitung ist nach wie vor öffentlich einsehbar.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) warnt vor den Folgen: „Wer die kritische Infrastruktur angreift, greift unsere Gesellschaft an.“ Auch das BfV sieht die Gefährdungslage verschärft. Täter wählten gezielt ungesicherte Objekte aus, die „bei geringstmöglichem Risiko den größtmöglichen Schaden versprechen“. Die Aufklärung sei schwierig, weil die Gruppen konspirativ agieren und Spurenlagen oft komplex seien.

Wie die Bahn gegen die Linksextremen kämpft
Die Deutsche Bahn setzt inzwischen auf mobile Kameras, Wärmebildtechnik, Trittschallsensoren und Drohnen, um ihre Anlagen besser zu überwachen. Einen Zaun um das 34.000 Kilometer lange Netz schließt das Unternehmen aus – er würde „fast eineinhalb Mal um die Erde reichen“.
Das Bundesinnenministerium verweist auf das geplante Kritis-Dachgesetz, das erstmals verbindliche Standards für den Schutz kritischer Infrastrukturen schaffen soll. Betreiber, die mehr als 500.000 Menschen versorgen, sollen künftig Risikoanalysen vorlegen und Resilienz-Maßnahmen umsetzen.
Experten bezweifeln allerdings, daß dies genügt. Manuel Atug von der AG Kritis fordert hochmobile Entstörtrupps, um Schäden schnell beheben zu können. Hans-Walter Borries vom Bundesverband für den Schutz Kritischer Infrastrukturen verlangt jährliche Risikoanalysen und klare Vorgaben für Drohnendetektion und Perimeterschutz. Nur so könne verhindert werden, daß militante Gruppen wie „Switch Off“ die deutsche Infrastruktur dauerhaft ins Visier nehmen. (rr)