GERA. Thüringens BSW hat entgegen der Empfehlung des Bundesvorstands die aktuelle Vorsitzende Katja Wolf im Amt bestätigt. Beim Parteitag in Gera am Samstag stimmten 61 von 96 Mitgliedern für die Landesfinanzministerin. Der Rest der Stimmen entfiel auf ihre Kontrahentin und Landtagsabgeordnete Anke Wirsing. Hintergrund der Kampfabstimmung ist der Strategiestreit nach der Niederlage der Partei von Sahra Wagenknecht bei der Bundestagswahl, der auch die Beteiligung der Partei an der sogenannten Brombeer-Koalition mit der CDU und SPD betrifft.
Als Co-Vorsitzender wurde Gernot Süßmuth gewählt. Damit folgt er auf den Landesminister für Verkehr und Infrastruktur, Steffen Schütz, der auf die Kandidatur verzichtet hatte. Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt gratulierte Wolf und Süßmuth. „Ich bin zuversichtlich, daß wir auch künftig gemeinsam Thüringen voranbringen“, schrieb der CDU-Politiker auf dem Kurznachrichtendienst X.
Herzlichen Glückwunsch an Katja Wolf und Gernot Süßmuth zur Wahl als Landesvorsitzende des BSW Thüringen. Herzlichen Dank an Steffen Schütz – auch für seine engagierte Arbeit als Minister. Ich bin zuversichtlich, dass wir auch künftig gemeinsam Thüringen voranbringen.
— Mario Voigt (@mariovoigt) April 26, 2025
Leye spricht vom „Zielkonflikt“ für das BSW
Auf dem Parteitag bekräftigte BSW-Generalsekretär Christian Leye seine Unterstützung für Wirsing. „Ich danke dem ehemaligen Vorstand, der heute abgewählt wird!“, sagte er. Leye betonte, die Wähler hätten die Entscheidung für den Eintritt in die Landesregierung Vertrauen verloren, das es zurückzugewinnen gelte. „Für eine Partei mit dem Profil des BSW ist es ein Zielkonflikt, in die Regierungsverantwortung zu gehen.“ Zugleich sei die Partei nicht „wahnsinnig“, diese in Frage zu stellen.
Der scheidende Co-Vorsitzende Schütz kritisierte das Agieren des Bundesvorstands. „Wenn nur der Bundesverband bestimmt, was gut und richtig ist, und die Landesverbände gefälligst zu folgen haben, dann ist das abschreckend“, beklagte er.
Wagenknecht: „Es geht darum, wie wir weiterregieren“
Wirsing stellte sich hingegen hinter der Parteispitze. „Ohne die politische Geradlinigkeit von Sahra Wagenknecht und den Mut ihrer Mitstreiter wären wir heute weder im Europaparlament noch in drei Landtagen vertreten“, sagte sie. „Dies scheint so mancher vergessen zu haben.“
Wagenknecht selbst hatte vor dem Parteitag einen Brief an die thüringischen Mitglieder geschrieben. „Es geht auch jetzt nicht darum, ob wir weiterregieren, sondern wie wir weiterregieren.“ Für den künftigen Erfolg des BSW sei es maßgeblich, daß dessen Handschrift in den Parlamenten und Regierungen, an denen es beteiligt sei, zum Ausdruck komme. „Hier liegt noch ein großes Stück Arbeit vor uns.“
Bei der Bundestagswahl hatte das BSW mit weniger als 10.000 Stimmen die Sperrklausel verfehlt und somit den Wiedereinzug in den Bundestag verpaßt. Seitdem machen sich die Parteispitze um Wagenknecht und der Thüringer Landesverband gegenseitige Vorwürfe. Während der Bundesvorstand Wolf mangelnde Beteiligung am Bundestagswahlkampf vorwirft, fordert Thüringens Finanzministerin das Mitspracherecht bei der Mitgliederaufnahme. (kuk)