GREIFSWALD. Das Verwaltungsgericht Greifswald hat den Schulverweis eines Neuntkläßlers zurückgenommen. Die Schule und das Schulamt hatten den Jungen suspendiert, weil er im Mai bei einer Studienreise ins frühere Konzentrationslager Auschwitz angeblich eine rechte Geste gemacht haben soll.
Auslöser war ein Video, das zwei Schüler aufgenommen hatten. Dabei zeigte der Betroffene eine Geste, die als OK- oder Taucherzeichen üblich ist, so ähnlich aber auch von Rechtsextremisten verwendet wird und für „White Power“ steht. Die Richter erkannten nun keinen rechtsextremen Hintergrund und stoppten am Mittwoch den angestrebten Schulverweis gegen den Jugendlichen.
In dem Gerichtsbeschluß heißt es: „Der Bescheid postuliert, daß der Antragsteller das ‚White-Power-Zeichen‘ gezeigt habe. Dieses Zeichen ist dem sowohl bei Tauchern als auch sonst (WhatsApp-Emoji) genutzten OK-Zeichen sehr ähnlich.“ Bei beiden bilden Daumen und Zeigefinger einen Kreis. Der Unterschied bestehe darin, daß bei dem „OK-Zeichen die übrigen Finger geschlossen gerade nach oben zeigen, beim ‚White-Power-Zeichen‘ abgestreckt werden, um ein ‚W‘ zu symbolisieren“.
Weder OK-Zeichen noch rechtsextreme Geste
Für das Gericht war es schwierig, die Unterschiede festzustellen. Da der Schüler auf dem Video „die Finger nicht gerade ausgestreckt“ habe, handele es „sich bei der Geste also weder um ein korrektes ‚OK‘ noch um ein korrektes ‚White-Power-Zeichen‘“. Somit fehle es an Anhaltspunkten dafür, welches der beiden Zeichen der Schüler tatsächlich gezeigt habe.
Das Gericht kritisierte auch, daß die Entscheidung, das Schulamt einzuschalten, nicht von der dafür zuständigen Schulkonferenz, sondern nur von einem Teilgremium beschlossen worden war.
Darüber hinaus habe es das Schulamt versäumt, näher auf die vermeintliche Intention der Geste einzugehen: „Aus der dem Gericht vorliegenden, kaum lesbaren Kopie des Verwaltungsvorgangs läßt sich lediglich entnehmen, daß der Antragsteller bislang im Schulalltag nicht negativ aufgefallen ist“, urteilte das Gericht. Insbesondere seien keine nationalistischen oder rechtsradikalen Tendenzen bekannt.
Schulamt hält an Schulverweis fest
Auch aus Sicht des Gerichts handele es sich bei dem Schüler um einen nicht politisch auffälligen Jugendlichen: „Es fehlt deshalb an einer hinreichenden Grundlage für die Annahme, es habe sich tatsächlich um die ‚White-Power-Geste‘ gehandelt.“
Das Bildungsministerium Mecklenburg-Vorpommern erklärte, daß das Staatliche Schulamt Greifswald am Schulverweis festhalte und daher Beschwerde gegen den Beschluß einlegen werde. (fh)