BERLIN. Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter hat Forderungen aus seiner Partei, den Umgang mit der AfD mindestens teilweise zu normalisieren, zurückgewiesen. „Ich halte es für falsch, wissentlich die Blockade oder Unterminierung von Ausschüssen in Kauf zu nehmen, indem man AfD-Abgeordnete zum Vorsitzenden wählt“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Damit nähme man die Unterminierung der freiheitlich demokratischen Grundordnung in Kauf.
Außerdem sollten keine AfD-Mitglieder „in sicherheitsrelevante Gremien wie das Parlamentarische Kontrollgremium gewählt werden“. Schließlich drohe, daß sensible Informationen nach Rußland oder China abfließen. „Die AfD ist keine normale Partei im demokratischen Spektrum, sondern sie ist anti-demokratisch, zumindest in Teilen rechtsextrem und ihr Ziel ist es, die demokratische Grundordnung auszuhöhlen.“
CDU-Politiker springen Spahn zur Seite
Damit schaltete sich Kiesewetter in eine Debatte ein, die CDU-Fraktionsvize Jens Spahn in der vergangenen Woche mit einem Interview in der Bild ausgelöst hatte. Spahn zeigte zwar Verständnis dafür, wenn der AfD ein Posten im Bundestagspräsidium verwehrt bleibt. Zugleich plädierte er dafür, „mit der AfD als Oppositionspartei so umzugehen in den Verfahren und Abläufen wie mit jeder anderen Oppositionspartei auch“.
Anders als Kiesewetter sprangen mehrere Unionspolitiker Spahn zur Seite. Der Bundestagsabgeordnete Johann Wadephul, der als neuer Außenminister gehandelt wird, sprach sich gegenüber dem RND dafür aus, AfD-Kandidaten in Ausschußvorsitze zu wählen, „wenn sie in der Vergangenheit nicht negativ aufgefallen sind“.
Man müsse anerkennen, daß die AfD die zweitgrößte Fraktion im Bundestag stellt. „Der AfD die Ausschußvorsitze zu verweigern, hat dazu geführt, daß sie ihren Märtyrerstatus aufrechterhalten können“, argumentierte Wadephul. Zugleich plädierte er dafür, daß in der Geschäftsordnung explizit festgeschrieben wird, daß Ausschußvorsitzende auch wieder abgewählt werden können, „wenn sie sich nicht korrekt verhalten“.
Auch Amthor und Kretschmer fordern Umdenken
Auch der Generalsekretär der CDU in Mecklenburg-Vorpommern, Philipp Amthor, stellte sich hinter Spahn. Diesem sei es nicht um eine Bagatellisierung der AfD gegangen, sondern „um den berechtigten Hinweis, daß man diese Truppe anstatt durch parlamentsrechtliche Kniffe besser durch eine leidenschaftlich-inhaltliche Auseinandersetzung zurückdrängen sollte“, merkte er in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung an.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (ebenfalls CDU) verwies im Morgenmagazin des ZDF darauf, wie die Christdemokraten in seinem Bundesland mit der AfD umgingen. Es sei in den vergangenen zehn Jahren nicht gelungen, die „rechtsextreme Partei“ zu stellen. „Sie muß also raus aus der Märtyrerrolle. Man muß sie tatsächlich auch mit Sachpunkten stellen.“ Eine Zusammenarbeit oder Koalition könne es nicht geben. „Aber die eigentlichen demokratischen Rechte, die jeder Abgeordnete, jede Partei in einem Parlament hat, die müssen auch für diese Partei gelten.“
In ihrer ersten Legislaturperiode im Bundestag hatte die AfD bereits drei Ausschußvorsitzende gestellt, unter anderem im wichtigen Haushaltsausschuß. Der Vorsitzende des Rechtsausschusses, Stephan Brandner, war allerdings 2019 abgewählt worden. In ihrer zweiten Legislaturperiode ab 2021 stellte die AfD dann keine Ausschußvorsitzenden mehr. Einen Platz im Bundestagspräsidium hatte sie noch nie inne. (ser)