BERLIN. Die Bundesregierung will vorerst keine neuen Ausfuhren von Rüstungsgütern nach Israel mehr genehmigen, die im Gazastreifen zum Einsatz kommen können. Das teilte Bundeskanzler Friedrich Merz am Freitag mit. Zur Begründung bezog er sich auf einen Beschluß des israelischen Kabinetts aus der vergangenen Nacht, wonach die Armee Gaza-Stadt einnehmen soll. Der jüdische Staat kontrolliert bereits jetzt etwa drei Viertel der Küstenenklave.
Merz sprach von einem „noch härteren militärischen Vorgehen der israelischen Armee“. Der israelische Beschluß lasse „immer weniger erkennen“, wie das Ziel erreicht werden solle, die Hamas zu besiegen. Die Bundesregierung bleibe „zutiefst besorgt über das fortdauernde Leid der Zivilbevölkerung im Gazastreifen“. Zugleich betonte der Kanzler: „Die Freilassung der Geiseln und zielstrebige Verhandlungen über einen Waffenstillstand haben für uns oberste Priorität.“
SPD hatte härteres Vorgehen gegen Israel gefordert
Mit der teilweisen Aussetzung von Waffenexporten kommt Merz Forderungen aus der SPD nach. So hatten die sozialdemokratischen Außenpolitiker Adis Ahmetović und Rolf Mützenich am 22. Juli verlangt, Waffenexporte zu stoppen, „die völkerrechtswidrig eingesetzt werden“. Die SPD fordert zudem, über weitere Sanktionen nachzudenken.
Was die jetzige Ankündigung genau zur Folge hat und inwiefern sie in der Praxis wirklich eine Veränderung darstellt, bleibt zunächst unklar. Aus der Bundesregierung heißt es regelmäßig, daß die Exporte vor der Entscheidung darüber sowieso einzeln geprüft und dabei völkerrechtliche Belange berücksichtigt würden. Auf der anderen Seite merkt der CSU-Abgeordnete Stephan Pilsinger an, daß nun de facto gar keine Waffen mehr geliefert werden könnten, „da der Einsatz in Gaza ausgeschlossen sein muß“.
Deutschland kann damit defacto keine Waffen mehr nach Israel liefern, da der Einsatz in Gaza ausgeschlossen sein muss. Israels Sicherheit gegenüber seinen zahlreichen gefährlichen Feinden wird dadurch sicher nicht verbessert.
https://t.co/f2viuARcW5#Israel #Dt_Staatsräson
— Stephan Pilsinger, MdB (@StephPilsinger) August 8, 2025
Kriegswaffenexporte gab es zuletzt nicht
Anfang Juli hatte die Bundesregierung auf die Anfrage eines Linken-Abgeordneten mitgeteilt, daß in diesem Jahr bis zum 26. Juni keine Genehmigung für Kriegswaffen nach Israel erteilt wurde. Kriegswaffen sind gemäß Kriegswaffenkontrollgesetz Produkte, die geeignet sind, „Schäden an Personen oder Sachen zu verursachen und als Mittel der Gewaltanwendung bei bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Staaten zu dienen“.
Sie sind zu unterscheiden von „sonstigen Rüstungsgüter“, für die bei der Genehmigung eine niedriger Hürde besteht. Dazu gehören zum Beispiel auch bestimmte Helme. Zwischen dem 1. Januar 2024 und dem 26. Juni 2025 wurden insgesamt Einzelausfuhrgenehmigungen für Lieferungen nach Israel im Wert von rund 251 Millionen Euro erteilt, wie aus einer weiteren Antwort der Bundesregierung hervorgeht. Was davon letztlich dem Kampf im Gazastreifen dient, ist nicht ersichtlich.
Aus Sicht der Bundesregierung berührt die Frage der Waffenexporte nach Israel auch den Status Deutschlands in der Welt. Im März 2024 hatte Nicaragua ein Verfahren gegen Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) angestrengt. Der Vorwurf: Die Bundesrepublik trage zu einem „Völkermord“ in Gaza bei, unter anderem durch Waffenlieferungen. Die Bundesregierung verteidigte sich gegen den Vorwurf seinerzeit auch, indem sie darauf hinwies, daß Rüstungsexportgenehmigungen zurückgegangen seien.
2024 griff Merz Scholz wegen Exportpolitik an
Tatsächlich waren die Exportgenehmigungen unter der Regierung Olaf Scholz für Israel 2024 massiv eingebrochen. Merz, damals noch Oppositionsführer, griff Scholz deswegen im Oktober im Bundestag massiv an. „Was sind Ihre Solidaritätsbekundungen für den Staat Israel eigentlich wert, wenn Sie dem Land zugleich wesentliche Teile der Hilfe in seiner so prekären Situation verweigern?“
Deutschland liefert nicht nur Waffen an den jüdischen Staat, sondern erhält auch Rüstung von diesem. Im November 2023 unterzeichneten das Beschaffungsamt der Bundeswehr und das israelische Verteidigungsministerium einen mehrere Milliarden Euro schweren Vertrag, damit Deutschland das Raketenabwehrsystem Arrow 3 bekommt. (ser)