BERLIN. Das Kanzleramt hat eine Ausschreibung für neue „Besprechungsstühle“ – also Stühle für den kleinen Kabinettsaal veröffentlicht. Gesucht wird dabei ein ganz spezielles Modell: Das „220/7 FS“ des Möbelherstellers Wilkhahn, mit Bezug aus „schwarzem Semianilin-Leder“ wie die Bild berichtete.
Die seit 1980 hergestellten Bürostühle gibt es zwar nicht mehr – doch mittlerweile hat Wilkhahn einen Nachfolger auf den Markt gebracht. Der kostet – pro Stück – im Netz etwa 4.000 Euro. Die insgesamt 26 gesuchten Exemplare könnten das Kanzleramt dementsprechend mehr als 100.000 Euro kosten.
Zum Vergleich: Nach Angaben von Statista verdiente ein durchschnittlicher vollzeitbeschäftigter deutscher Arbeitnehmer im Jahr 2023 etwa 4.480 Euro im Monat –Brutto.
Stuhl hat „modernlegere Note“
Die bisherigen im kleinen Kabinettssaal benutzten Sessel sind mittlerweile 23 Jahre alt und sollen einen „Abnutzungsgrad“ aufweisen, der „dem repräsentativen Standort nicht mehr angemessen ist“, betonte eine Regierungssprecherin. An einem weniger repräsentativen Ort des Kanzleramts sollen sie zukünftig weiter genutzt werden.
Das neue Modell hat dafür eine höhere Rückenlehne. Statt des bisherigen glatten Bezugs ist seines abgesteppt, was ihm „bei aller Klarheit eine modernlegere Note“ verleiht, wie es in der Beschreibung des Herstellers heißt.
Dazu kommen „der elegante Schwung der Schwenkarme, der einladend geräumige Sitz mit der schlanken Kontur und die kompakte Mechanik“. Einfacher „und zugleich schöner“ lasse sich „ein ergonomischer Bürostuhl kaum denken“, betont Wilkhahn in seiner Beschreibung.
Kanzleramt wird noch teurer
Doch nicht nur die Stühle sollen luxuriös sein – auch das Kanzleramt selbst wird immer teurer. Die ursprünglich eingeplanten 600 Millionen Euro für eine Erweiterung des Gebäudes wurden in den Folgejahren immer weiter erhöht. Im März 2023 wurden die Gesamtkosten auf etwa 800 Millionen Euro geschätzt.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verteidigte die Kosten. Es handele sich nicht um einen Protzbau. Zudem wolle er die Entscheider von damals „in Schutz nehmen vor dieser Denunziation, insbesondere die Architekten“.
AfD und FDP warfen dem Kanzler hingegen vor, unverhältnismäßig zu wirtschaften. FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner sprach davon, daß „in Zeiten von mehr Homeoffice und ortsflexiblem Arbeiten ein mindestens 800 Millionen teurer Neubau neben dem Kanzleramt entbehrlich“ sei. (lb)