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Triell der Kanzlerkandidaten: Als es um Inhalte geht, sinkt das Engagement

Triell der Kanzlerkandidaten: Als es um Inhalte geht, sinkt das Engagement

Triell der Kanzlerkandidaten: Als es um Inhalte geht, sinkt das Engagement

Die Kanzlerkandidaten Olaf Scholz (SPD), Annalena Baerbock (Grüne) und Armin Laschet (CDU) beim Dreikampf im öffentlich-rechtlichen Fernsehen
Die Kanzlerkandidaten Olaf Scholz (SPD), Annalena Baerbock (Grüne) und Armin Laschet (CDU) beim Dreikampf im öffentlich-rechtlichen Fernsehen
Die Kanzlerkandidaten Olaf Scholz (SPD), Annalena Baerbock (Grüne) und Armin Laschet (CDU) beim Dreikampf im öffentlich-rechtlichen Fernsehen Foto: picture alliance/dpa | Christophe Gateau
Triell der Kanzlerkandidaten
 

Als es um Inhalte geht, sinkt das Engagement

Wer erwartet hatte, es würde beim sogenannten Triell der Spitzenkandidaten eine leidenschaftliche inhaltliche Debatte geben, wurde am Sonntag abend enttäuscht. Von „Klimakatastrophe“ über den Umgang mit Rechtsextremismus bis Corona waren sich Annalena Baerbock, Olaf Scholz und Armin Laschet grundsätzlich einig.
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Zum größten Krach des Abends kommt es nach fünf Minuten: „Huppala, da fällt schon das Studio zusammen“, reagiert Annalena Baerbock, als es um 20:20 Uhr in Adlershof einen Schlag tut, weil im Hintergrund die Klappe eines Instrumentenkoffers umfällt. Rumpelig geht es kurze Zeit später dann allerdings auch in der ersten Phase des zweiten Triells zu – wenigstens für deutsche Verhältnisse. Das Moderatorenduo Maybritt Illner und Oliver Köhr hatte bereits im Vorfeld angekündigt, die drei Kandidaten „aus ihrer Komfortzone“ locken zu wollen (wobei etwas seltsam ist, daß das betont werden muß).

Deswegen packen Sie direkt zu Beginn die „heißen Eisen“ mit Konfliktpotential an. Daß es sich dabei nicht um echte Inhalte handelt, sondern um Fragen nach einem Linksbündnis, nach einzelnen CDU-Mitgliedern und Vorgängen im Finanzministerium, sagt viel aus: Von „Klimakatastrophe“ über den Umgang mit Rechtsextremismus bis Corona sind sich die Kandidaten grundsätzlich einig, wenn auch nicht in allen Nuancen der Mittel, so doch jedenfalls in der Diagnose.

Echte Auseinandersetzungen werden daher auch an diesem Abend vor allem um Nebensächlichkeiten geführt, der Spielverlauf ist weitgehend vorhersehbar. Als Olaf Scholz bereits in der sechsten Spielminute die Frage nach einer Koalition mit der umbenannten SED wegzumerkeln versucht („jeder, der mich kennt, weiß, was er kriegt“), wippt Laschet ungeduldig hin und her, um dann reinzugrätschen: „Das ist ein wenig unredlich, zu sagen, das entscheiden die Bürgerinnen und Bürger.“

Kurz lockt Laschet Scholz aus der Reserve

Weiter geht’s mit der jüngsten Hausdurchsuchung in Scholz’ Ministerium. „Das hat gar nichts mit dem Ministerium zu tun“, beschwichtigt der Minister und Kandidat. „Es ist schon ein Wunder, wie Sie in diesem Fall eine solche Schönrednerei an den Tag legen können“, reagiert Laschet und schiebt noch die Themen Wirecard und Cum-Ex hinterher. Immerhin: Anders als vor zwei Wochen gelingt es dem CDU-Chef dieses Mal, Scholz aus der Reserve zu locken, indem er immer wieder unwirsch dazwischengeht: „Ist in Ihrem Haus durchsucht worden oder nicht?“ „Ja guck, so, an Ihrer Frage merkt man, wie sehr Sie unehrlich sind“, empört sich Scholz etwas ungelenk und wirkt dabei körperlich ungewohnt unruhig.

Nun ist Laschet an der Reihe, wird gefragt, ob Hans-Georg Maaßen einen Platz in der CDU habe. „Es gibt viele Unterschiede von mir und Herrn Maaßen, und Herr Maaßen wird sich an den Kurs halten müssen, den ich vorgebe“, meint der und fügt noch hinzu: „Ich werde ihm entgegnen, daß die Entscheidung der Bundeskanzlerin 2015 richtig war, daß sie die Grenzen nicht geschlossen hat; daß wir für eine geordnete Migrationspolitik stehen“ – basta. Die Auszeichnung für den widersprüchlichsten Satz des Abends hat Laschet damit sicher.

Die für den niederträchtigsten geht allerdings an Baerbock, die bis dato eher wie eine Statistin des Schauspiels wirkte: Als sie auf Boris Palmer angesprochen wird, rückt sie ihn in den Kontext von NSU-Morden, Halle und Hanau. Laschet wirft sie noch eine Gleichsetzung „von Links und AfD“ vor. Der spielt das Spiel aus unerfindlichen Gründen mit und bekräftigt, „daß die größte Bedrohung für die Demokratie von rechts ausgeht“. Daß er auf die mörderische Vergangenheit der Linken hinweist, ist von einem CDU-Vorsitzenden im 21. Jahrhundert offenbar zu viel verlangt.

Austauschbare Kandidaten

Erst nach einer knappen halben Stunde lenken die Moderatoren das Triell auf Inhalte. Warum erst jetzt, wird schnell klar: Die Kandidaten sind austauschbar, Erregungspegel und Engagement sinken umgehend (und steigen später nur noch einmal bei der Energiepolitik an). Thema Corona: Die Impfquote soll steigen, der Druck erhöht werden. „Es ist die Rettung!“, stimmt auch noch die Moderatorin in den Einheitsgesang ein. Scholz bedankt sich für die Einstimmigkeit: „Das finde ich sehr gut, weil es ja auch Länder gibt, in denen das keineswegs der Fall wäre.“

Wer jetzt noch nicht abgeschaltet hat, erlebt noch einen Ritt durch die üblichen Themen Digitalisierung, Klima, Wohnen, Sozialstaat und Steuern, ungelenk moderiert von Illner und Köhr, die sich immer wieder gegenseitig ins Wort fallen. Während Laschet beim Klima das Hohelied auf die Veränderung singt und von einer finanziellen Mehrbelastung der Bürger nichts wissen will („wir sagen den Menschen vor allem, daß ihr Leben besser wird“), wirft er Scholz bei der Rente zu Recht eine unseriöse Antwort vor, als der das Rentensystem in den Himmel lobt. Stimmig ist das nicht.

Migration und Islamismus kein Thema

Über Islamismus und Migration wird auch an diesem Abend praktisch nicht geredet. Lediglich Laschet wird das Thema kurz vorgeworfen. Er wird es mit einer Merkel-Doktrin („das Asylrecht kennt keine Obergrenze“) schnell wieder los. Unterschiede inhaltlicher Art werden ansonsten noch am ehesten in der Wirtschafts- und Finanzpolitik deutlich – auch das keine neue Erkenntnis.

Einen starken Moment hat Laschet immerhin im Schlußstatement, als er ins Grundsätzliche geht: „Ich garantiere Ihnen als Bundeskanzler: Sie können mir vertrauen, daß ich nicht gängele, daß ich Sie machen lasse, daß wir Ihnen nicht vorschreiben, wie Sie zu denken haben und wie Sie zu reden haben und wie Sie zu leben haben.“ Der Satz trifft auch deswegen einen Nerv, weil Baerbock zuvor noch einmal das grüne Verlangen nach Verboten als „Innovationstreiber“ bekräftigt hatte. Er wolle ein „Bundeskanzler des Vertrauens“ werden, schließt Laschet schließlich. Das Vertrauen aber hat die Union über Jahre verspielt. Da hilft auch kein TV-Triell mehr.

Die Kanzlerkandidaten Olaf Scholz (SPD), Annalena Baerbock (Grüne) und Armin Laschet (CDU) beim Dreikampf im öffentlich-rechtlichen Fernsehen Foto: picture alliance/dpa | Christophe Gateau
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