BERLIN. Vor acht Jahren sorgte die damalige Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) für Schlagzeilen, als sie vor der Diskriminierung von Deutschen im eigenen Land gewarnt hatte. „Es gibt in unseren Schulhöfen und es gibt in unseren U-Bahnen und S-Bahnen ein Problem mit Deutschenfeindlichkeit“, mahnte sie. Deutsche Kinder und Jugendliche würden attackiert, weil sie Deutsche seien.
Drei Jahre später nahm der Skandal-Autor Akif Pirincci mehrere Angriffe von Tätern mit ausländischen Wurzeln auf Deutsche zum Anlaß, seinen aufsehenerregenden Artikel „Das Schlachten hat begonnen“ zu schreiben. Fortan war es kein Tabu mehr zu sagen: Es gibt deutsche Opfer und fremde Täter. Seither köchelt das Thema vor sich hin. Von offizieller Seite wird es eher gemieden als klar benannt und angegangen. Bis jetzt.
Berliner Senat erkennt Problem
Auch beim Berliner Innensenat erkennt man mittlerweile das strukturelle Problem. „Wenn Streifen oder die Feuerwehr im Einsatz sind, müssen sie immer öfter Beleidigungen wie ‘Drecksdeutscher’ oder ‘Scheiß deutscher Bulle’ anhören“, sagte ein Senatssprecher Focus Online.
Vor allem in Bezirken mit einem hohen Ausländeranteil wie Neukölln, Mitte oder Wedding häuften sich solche Vorfälle. Auch die Polizei bestätigte dies. „Wir registrieren ganz besonders bei arabischstämmigen Gruppen eine steigende verbale Aggressivität.“ Die Beamten spürten eine allgemeine wachsende Verachtung ihrer Funktion als Repräsentanten des Staates.
Der Senat werde prüfen, wie man dieses Phänomen bekämpfen könne. Er warne jedoch davor, „neue Angsträume herbeizureden“. Man werde nun unter Einbeziehung der Polizei prüfen, wie das Phänomen wirksam bekämpft werden könne.
„Berlin verwahrlost in bestimmten Kiezen“
Zuvor hatte Innensenator Andreas Geisel (SPD) von einer zunehmenden Deutschenfeindlichkeit an Schulen gesprochen. Dem wolle die Stadt mit intensivierten Integrationsbemühungen begegnen. „Dazu gehören Deutsch- und Ethikkurse für Flüchtlinge, am besten für jeden“, sagte er dem Tagesspiegel.
Deutschenfeindlichkeit sei aber nicht das einzige Problem, mit dem die Polizei zu kämpfen habe. Obwohl die vorige Woche veröffentlichte Polizeiliche Kriminalitätsstatistik zeige, daß die Stadt objektiv sicherer geworden sei, fühlten sich viele Berliner unsicher. Es gebe „tatsächlich das Problem der Verwahrlosung des öffentlichen Raumes in bestimmten Kiezen“, räumte Geisel ein.
Dazu käme eine „lang geübte Zurückhaltung, bestimmte Regeln bei jedem durchzusetzen“. Das neue Ziel lautet nun: „Die soziale Kontrolle zurückzugewinnen“. (ls)