BERLIN. Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat scharfe Kritik an der Haltung der Bundesregierung im Syrien-Konflikt geäußert. Die schwarz-gelbe Koalition lasse sich dabei von wahltaktischen Gründen leiten, schrieb Guttenberg in einem Beitrag für die New York Times.
Auf der einen Seite verschärfe die Kanzlerin ihre Rhetorik gegenüber dem Syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und verurteile den Einsatz von Chemiewaffen als „verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Auf der anderen Seite könnte eine Eskalation des Konflikts Merkels Wahlpläne für den 22. September durchkreuzen.
Das mache die zögerliche Haltung Berlins zwar verständlich, dennoch riskiere die Bundesregierung damit einen Verlust an internationalem Einfluß. „Berlins Kultur der Zurückhaltung zeigt das zugrundeliegenden Paradoxon der deutschen Außen-und Sicherheitspolitik“, kritisierte Guttenberg.
Deutschland ist außenpolitisch ein Zwerg
Dies habe sich schon 2011 im Libyen-Konflikt gezeigt, als Deutschland es vorgezogen habe, im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen an der Seite Rußlands und Chinas zu stehen, anstatt an der seiner „traditionellen Nato-Verbündeten“. Dies sei von internationalen Beobachtern als Beweis gewertet worden, daß Deutschland trotz seiner wirtschaftlichen Stärke außen- und sicherheitspolitisch immer noch „ein Pygmäe“ sei.
Prominente deutsche Politiker glaubten leider über Parteigrenzen hinweg, daß das wirtschaftliche Gewicht ausreiche, um Deutschlands Defizit als fähiges und verantwortungsvolles Mitglied der Atlantischen Allianz und der internationalen Gemeinschaft auszugleichen.
In einer Zeit, in der die globale Reichweite, der Einfluß und die Glaubwürdigkeit Europas bedroht seien, sei Berlins „Scheckbuch-Diplomatie“ kein angemessener Ersatz für eine Beteiligung an militärischen Maßnahmen zur „gemeinsamen Verteidigung unserer gemeinsamen Werte und Interessen“. (krk)