BERLIN. Jemanden als „rechtsradikal” zu bezeichnen, ist prinzipiell von der Meinungsfreiheit gedeckt. Dies geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hervor, das derartige Diffamierungen als erlaubte „Werturteile“ einschätzt. Es sei für Gerichte nicht festzustellen, „wann ein Beitrag rechtsextrem ist“, betonten die Richter.
Solange eine als „rechtsextrem“ titulierte Person dadurch lediglich in ihrer „Sozialsphäre“, jedoch nicht in der „Intim- oder Privatsphäre“ verletzt werde, habe das Recht auf Meinungsfreiheit grundsätzlich Vorrang, unterstrich das Verfassungsgericht. „Die Verurteilung zur Unterlassung eines Werturteils muß im Interesse des Schutzes der Meinungsfreiheit auf das zum Rechtsgüterschutz unbedingt Erforderliche beschränkt werden.“
Grundrechte werden neu abgewogen
Hintergrund ist die Äußerung eines Anwaltes, der auf seiner Internetseite geschrieben hatte, die „khasarischen, also nicht-semitischen Juden“, würden angeblich über das Wirtschaftsgeschehen der Welt bestimmen. Zudem habe das Grundgesetz lediglich einen „transitorischen Charakter“ und sei ein „ordnungsrechtliches Instrumentarium der Siegermächte“. Eine andere Person schrieb daraufhin, wer so argumentiere, „müsse es sich gefallen lassen, rechtsradikal genannt zu werden“.
Der Anwalt klagte auf Unterlassung und bekam vor dem Landesgericht und Oberlandesgericht recht. Das Verfassungsgericht hob diese Urteile nun auf und verwies sie zurück an das Landesgericht. Diesem obliege es, erneut abzuwägen, ob das Grundrecht auf Meinungsfreiheit oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht stärker wiegen. (ho)