BERLIN. Die Bundespolizei darf Zahlen über illegale Einreisen nach der Schengen-Osterweiterung erst nach Erlaubnis durch das Bundesinnenministerium herausgeben. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des sächsischen Bundestagsabgeordneten Henry Nitzsche (parteilos) hervor.
Nach dem Wegfall der Grenzkontrollen zu Polen und Tschechien im Zuge der Erweiterung des Schengen-Raumes Ende Dezember 2007 war immer wieder gemeldet worden, daß der Bundespolizei per interner Dienstanweisung untersagt werde, Zahlen über illegale Einreisen und Schleusungen ohne vorherige Genehmigung durch das Innenministerium weiterzugeben.
Dies war aber weder von Seiten der Bundesregierung noch von der Bundespolizei bestätigt worden. Nitzsche hatte diese Berichte zum Anlaß genommen, sich in einer Anfrage an die Bundesregierung nach den Beweggründen für die als „Maulkorberlaß“ bezeichnete Dienstanweisung zu fragen.
In der nun vorliegenden Antwort begründet die Bundesregierung die Direktive, damit, daß sie einer „umfassenden und zeitnahen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit besondere Bedeutung“ zumesse. Zur Sicherstellung einer umfassenden und zeitnahen Informationsweitergabe in Angelegenheiten von bundesweiter und internationaler Bedeutung erscheine es der ihr erforderlich, diese im Sachzusammenhang selbst darzustellen.
„Staatlich verordnetes Schweigegebot“
Für Nitzsche kam diese Antwort nicht überraschend. Er habe sich bereits mehrfach an die Bundesregierung gewandt und gefragt, ob in den Grenzgebieten nach dem Wegfall der Grenzkontrollen ein Anstieg der Kriminalität zu verzeichnen sei. Immer habe er nur die gleiche ausweichende Antwort bekommen: „Seriöse Prognose“ bezüglich der Kriminalitätsentwicklung seien derzeit nicht möglich.
„Die Bundespolizei weiß ganz genau, wie es in den Grenzregionen nach der Schengenerweiterung tatsächlich aussieht. Massenhafte illegale Einreise, Autodiebstähle und Einbrüche sind an der Tagesordnung. Kein Wunder, daß der Innenminister ein erhöhtes Interesse daran hat, diese Bilanz der Öffentlichkeit vorzuenthalten. Bezeichnete er doch den Wegfall der Grenzkontrollen als ‘Glückstag für Deutschland’“, sagte Nitzsche der JF.
Diese Art der Informationspolitik sei typisch für die Bundesregierung. Die Bürger sollten sich durch wachsweiche Erklärungen in Sicherheit wiegen, während die Wahrheit durch staatlich verordnete Schweigegebote zurückgehalten werde. Anders ließe sich wohl aber die gegen die deutschen Interessen gerichtete Europa-Politik der Bundesregierung auch nicht realisieren, sagte Nitzsche.
Seit der Öffnung der Grenzen zu Tschechien und Polen gab es in einigen Grenzregionen einen erheblichen Anstieg von Straftaten wie Autodiebstahl und illegaler Einwanderung.