PARIS. Die Fraktionschefin des Rassemblement National (RN), Marine Le Pen, hat den Parteivorsitzenden Jordan Bardella gebeten, sich auf den Präsidentschaftswahlkampf 2027 vorzubereiten. „Ich habe die Möglichkeit akzeptiert, daß ich nicht mehr kandidieren kann. Jordan hat die Möglichkeit akzeptiert, daß er die Fackel übernehmen muß“, sagte die Politikerin dem französischen Magazin Valeurs Actuelles.
Le Pen war im März von einem Gericht wegen Veruntreuung das passive Wahlrecht abgesprochen worden. Für fünf Jahre kann sie sich damit nicht für Wahlen – inklusive der Präsidentschaftswahl 2027 – aufstellen lassen. Das Gericht sah es als erwiesen an, daß Le Pen über mehrere Jahre systematisch EU-Gelder zweckentfremdet haben soll.
Le Pen: „Bis dahin werde ich kämpfen“
Die Fraktionschefin hatte angekündigt in Berufung gehen zu wollen und bezeichnete das Urteil als „Hexenjagd“ und „politisch motiviert“. Ein Pariser Berufungsgericht könnte im Sommer 2026 eine Entscheidung über den Fall fällen.
Falls die Verurteilung aufgehoben oder das Urteil geändert werden sollte, könnte Le Pen doch noch bei der Präsidentschaftswahl antreten. „Bis dahin werde ich kämpfen“, kündigte sie an. Sicherlich sei die Situation nicht ideal. „Aber was schlagen sie sonst vor? Daß ich Selbstmord begehe, bevor ich ermordet werde?“
Sollte sie von der Wahl ausgeschlossen werden, dürfte die Wut der französischen Wähler nicht unterschätzt werden, fügte sie hinzu. Ein derartiger Fall könnte den Eindruck erwecken, die Wahl sei illegitim. „Viele Franzosen, unabhängig von ihrer politischen Überzeugung, würden dann verstehen, daß die Spielregeln manipuliert worden sind.“
Bardella deutete seine Kandidatur im Mai an
Ihr 29jähriger politischer Ziehsohn Bardella hatte der Tageszeitung La Parisien bereits im Mai angekündigt, es gebe zwar keinen Zweifel, daß Le Pen „seine Kandidatin“ sei – sollte sie jedoch „daran gehindert werden, anzutreten“, wäre er ihr favorisierter Kandidat.
In der vergangenen Präsidentschaftswahl im April 2022 hatte Le Pen im ersten Wahlgang ihr bislang bestes Ergebnis von 23,1 Prozent eingefahren. In der Stichwahl unterlag sie Emmanuel Macron um etwa 17 Prozent. (lb)