ROM. Ärzte ohne Grenzen stellt den Betrieb der „Geo Barents“ im Mittelmeer ein. Mit dem Schiff zur Seenotrettung hatte die Organisation nach eigenen Angaben seit Sommer 2021 mehr als 12.600 Migranten aufgenommen. In der Regel bringt sie die Menschen dann in italienische Häfen.
Italiens Gesetzgebung habe es unmöglich gemacht, die Arbeit wie bisher fortzusetzen, teilte Ärzte ohne Grenzen am Freitag mit. Die Organisation will die Aufnahme von Migranten im Mittelmeer und deren Verbringung nach Europa allerdings nicht grundsätzlich einstellen. Vielmehr kündigte sie an, die Arbeit „so schnell wie möglich“ fortzuführen. Es müsse jedoch evaluiert werden, „wie dies in einem derart schwierigen Umfeld möglich ist“.
Aktivisten klagen über Meloni-Politik gegen Seenotrettung
Die selbsternannten Seenotretter stoßen sich vor allem an dem sogenannten Piantedosi-Dekret der Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (Fratelli d’Italia). Das Dekret zur Seenotrettung war vom italienischen Innenminister Matteo Piantedosi (parteilos) erlassen worden und trat Anfang 2023 in Kraft.
Es verpflichtet Schiffe unter anderem dazu, nach jeder Seenotrettung direkt einen Hafen anzulaufen und nicht mehrere Einsätze hintereinander durchzuführen. Ärzte ohne Grenzen beklagt außerdem, daß ihrem Schiff oft weit entfernte Häfen zugewiesen würden, etwa in Norditalien. Dies habe es der „Geo Barents“ immer weiter erschwert, dort vor Ort zu sein, „wo sie am dringendsten benötigt wird“.
Seitdem das Dekret in Kraft sei, habe das Schiff „ein halbes Jahr allein mit dem langwierigen Anfahren und Ablegen von entfernten Häfen verbracht“. Zudem hätten italienische Behörden das Schiff in den vergangenen zwei Jahren viermal sanktioniert. Ende August setzten sie die „Geo Barents“ vorübergehend fest.
Migrationszahlen gehen erstmals seit 2019 zurück
Die jetzige italienische Regierungschefin Meloni hatte im Wahlkampf 2022 und nach ihrem Regierungsantritt versprochen, die Zahl ankommender Migranten zu reduzieren und den „illegalen Menschenhandel im Mittelmeer“ zu brechen. Nach Zahlen des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR kamen 2023 rund 157.700 Migranten über das Meer in Italien an. 2022 waren es 50.000 weniger gewesen.
In diesem Jahr gingen die Zahlen allerdings erstmals seit 2019 wieder zurück: Bis Anfang Dezember wurden gut 63.400 Migranten registriert. Die meisten von ihnen kamen demnach aus Bangladesch, gefolgt von Syrien und Tunesien. Neben Ärzte ohne Grenzen nehmen zahlreiche weitere Organisationen Migranten im Mittelmeer auf und bringen sie dann nach Europa. (ser)