OTTAWA. Kanadas Minister für Einwanderung, Marc Miller (Liberale), hat vor einem Kontrollverlust bei der Visavergabe in seinem Land gewarnt. „Das Maß, in dem wir diese Papiere ausstellen, ist wirklich beunruhigend. Das System ist an dieser Stelle wirklich außer Kontrolle geraten“, sagte der Politiker laut dem kanadischen Toronto Star am Montag nach einer Kabinettsklausur in Montreal. „Es wird Zeit, dieses Chaos einzuhegen.“
"For 2024, the cap is expected to result in approximately 364,000 approved study permits, a decrease of 35% from 2023," says Immigration Minister Marc Miller as he announces a temporary two-year cap on international student visas.#cdnpoli pic.twitter.com/9x9wSAJ938
— CPAC (@CPAC_TV) January 22, 2024
Die Zahl der 2024 ausgestellten Visa werde daher an eine Obergrenze von 364.000 gekoppelt, was im Vergleich zu 2023 einem Rückgang von 35 Prozent entspreche. Vergangenes Jahr stellten kanadische Behörden noch fast 560.000 Visa aus – vor allem an Studenten aus dem Ausland. Die neuen Einschränkungen bei der Visavergabe sollen demnach zwei Jahre lang gelten. In der Zwischenzeit werde deren Effektivität ausgewertet.
Führt die Studentenschwemme zu einer Wohnungskrise?
Weltweit renommierte Universitäten wie die McGill University in der Provinz Quebec oder die University of British Columbia nahe Vancouver ziehen jährlich Hunderttausende Studenten aus dem Ausland an. Diese Studentenschwemme hat in der Vergangenheit zu einer Preisexplosion im Wohnsektor beigetragen.
Sachverständigen der Regierung in Ottawa zufolge spielten ausländische Studenten in manchen Städten bei den Mietpreisen eine „massive Rolle“. Kanadas Statistikamt zufolge hatten sich die Neumieten in den vergangenen Jahren bedeutend erhöht.
„2021 betrugen die monatlichen Unterkunftskosten für eine Zweizimmerwohnung in Kanada im Median 1.330 Dollar für neue Mietshaushalte, verglichen mit 1.050 Dollar für bestehende Mieterhaushalte“, stellten die Beamten unlängst fest. Zudem werde die Gefahr, bei neuen Mietverträgen über die eigenen finanziellen Limits zu gehen, immer größer. Wohnungsbauminister Sean Fraser (Liberale) zeigte sich daher zuletzt erleichtert über die angekündigte Visaobergrenze seines Kollegen Miller.
Konservative: Trudeau hat den Migrationskonsens in Kanada zerstört
Der Oppositionsführer im kanadischen Parlament, Pierre Poilievre (Konservative), griff Premierminister Justin Trudeau (Liberale) unterdessen für die politische Kehrtwende seiner Regierung an. „Einwanderer, Studenten und Wanderarbeiter sollten nicht für die Inkompetenz von Trudeau verantwortlich gemacht werden. Die Verantwortung trägt allein er selbst“, mahnte Poilievre.
"Most Canadians didn't even know there was an international student program 8 years ago because it was so peaceful," Conservative Leader Pierre Poilievre tells reporters when asked about the federal government's plan for a two-year cap on international student visas.#cdnpoli pic.twitter.com/ofot6NH6aP
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Die meisten Kanadier wüßten überhaupt nicht, daß es so etwas wie ein Programm für ausländische Studenten gegeben habe, weil dieses so reibungslos funktioniert hätte. „Vor einiger Zeit noch wäre niemand auf die Idee gekommen, so ein Programm für ein Problem zu halten – weil es keines war.“ Doch der Premierminister mit seiner „endlosen und verabscheuungswürdigen Heuchelei von Tugenden“ habe den kanadischen Konsens in Fragen der Migrationspolitik zerstört, beklagte Poilievre. (fw)