ANTALYA. Außenminister Johann Wadephul (CDU) hat die Forderung von US-Präsident Donald Trump nach deutlich höheren Verteidigungsausgaben der Nato-Staaten unterstützt. Bei einem informellen Treffen der Nato-Außenminister stimmte Wadephul dem Vorstoß Trumps, künftig fünf Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes in Verteidigung zu investieren, mit den Worten „und wir folgen ihm da“ zu.
Der US-Präsident hatte zuvor immer wieder von einer notwendigen Erhöhung der Verteidigungsetats aller Nato-Mitglieder gesprochen. Wadephul pflichtete der Einschätzung bei, die Erhöhung sei notwendig, nachdem er sich mit seinem US-amerikanischen Kollegen Marco Rubio das erste Mal getroffen hatte.
Wie realistisch ist die Forderung?
Bislang war die ausgerufene Zielmarke der Nato, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Militärausgaben aufzuwenden, was Deutschland zuletzt knapp aufgrund des Sondervermögens der vergangenen Ampelregierung erreichte. Im Jahr 2024 steckte Deutschland noch rund 75 Milliarden Euro in die Bundeswehr. Der Verteidigungshaushalt ist jedoch seit der Grundgesetzänderung im März 2025 von der Schuldenbremse befreit und kann theoretisch unbegrenzt wachsen.

Da viele Nato-Partner aber die Fünf-Prozent-Forderung absehbar nicht erfüllen könnten, unterstützte Wadephul den Kompromißvorschlag von Nato-Generalsekretär Mark Rutte. Dieser sieht vor, ein neues Ziel von 3,5 Prozent des BIP für klassische Verteidigungsausgaben bereitzustellen und 1,5 Prozent für militärisch nutzbare Infrastruktur wie Schienennetze. Polen (4,12 Prozent), Estland (3,43 Prozent) und die Vereinigten Staaten (3,38 Prozent) leisten im Verhältnis zu ihrer Wirtschaftskraft die größten Beiträge. Schlußlichter sind Spanien (1,28 Prozent), Luxemburg und Slowenien (beide 1,29 Prozent).
Das bedeuten die Verteidigungsausgaben für Deutschland
Derzeit umfaßt die Wirtschaftsleistung Deutschlands rund 4,3 Billionen Euro. Würde Deutschland tatsächlich fünf Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben, dann bedeutet dies ein Anstieg von etwa 215 Milliarden – circa 140 Milliarden Euro beziehungsweise gut 185 Prozent mehr als bisher.
Folgt Deutschland dem Kompromißvorschlag von Nato-Generalsekretär Rutte von 3,5 Prozent, hießen das immer noch Mehrausgaben in Höhe von 150 Milliarden Euro. Mit der Anhebung des Wehretats würde Deutschland Rußland (133 Milliarden Euro) bei den Militärausgaben überholen und fortan auf Platz drei der Länder mit den höchsten Militärausgaben stehen – hinter China (280 Milliarden Euro) und den USA (890 Milliarden Euro).
Kommt die Zeitenwende?
Deutschland hat nach den Vereinigten Staaten bereits die höchsten Militärausgaben innerhalb des Nato-Bündnisses, aber mit 182.000 aktiven Soldaten nicht die zweitgrößte Armee. Die Türkei stellt nach den USA (1,39 Millionen Soldaten) mit 480.000 Soldaten die meisten Truppen im Militärbündnis. Auch Polen (220.000 Soldaten) und Frankreich (200.000 Soldaten) haben mehr aktive Kräfte.
Am Donnerstag hatte Bundeskanzler Friedrich Merz angekündigt, die Bundeswehr zur konventionell „stärksten Armee Europas“ ausbauen zu wollen. Dafür braucht Deutschland nicht nur mehr Geld, sondern vor allem Soldaten. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) drückte sich offen gegenüber einer Rückkehr zur Wiedereinführung der Wehrpflicht aus, „falls wir nicht hinreichend Freiwillige gewinnen können“. (rsz)