Die kanadische Provinz Québec hat innerhalb von drei Jahrzehnten ihr Gesicht gewandelt. Das Französische dominiert wieder – selbst die US-Imbißkette KFC firmiert unter „Poulet Frit à la Kentucky“. Und bald jährt sich zum 250. Mal die Schlacht auf der Abraham-Ebene. Am 26. Juni 1759 landeten die Briten auf der Île d’Orléans im Sankt-Lorenz-Strom nahe der Stadt Québec, die von französischen Truppen verteidigt wurde. Fast drei Monate lang wurde die Stadt belagert – am 13. September kam die Entscheidungsschlacht: Der rasche Sieg der Briten besiegelte das Schicksal der französischen Kolonialherrschaft in Nordamerika, sieht man von dem Intermezzo in Louisiana (1800–1803) einmal ab.
Die Frankokanadier behielten dennoch ihre Sonderrolle. „Sechs Millionen Deutsche, wenn nicht mehr, sind fast spurlos in Amerika versickert, nicht eine einzige Stadt, eine einzige Provinz haben sie der Sprache gerettet“, schrieb Stefan Zweig 1911 anläßlich seiner Amerika-Reise in der Frankfurter Zeitung. „Und da, diese paar tausend Franzosen, ohne Nachschub von der Heimat, ohne Unterstützung von irgendwem haben die Sprache und Sitte bewahrt.“ Während die meisten protestantischen „Pfarrer bald englisch predigten statt deutsch, haben die Priester hier in ihren Schulen die Kinder französisch und katholisch aufgezogen“. Diese Unbeugsamkeit und „der Kinderreichtum der kanadischen Franzosen haben hier ein Bollwerk aufgerichtet, das ein Denkmal nationaler Energie ohnegleichen ist in unsern Tagen“, so Zweig.
Knapp ein Jahrhundert und so manche Höhen und Tiefen später hat sich die politische Komponente zur entscheidenden Kraft entwickelt: Die 1968 gegründete linksnationale Parti Québécois (PQ) hat die frankophone Provinz entscheidend verändert. Bereits 1977 war die offizielle Zweisprachigkeit Québecs Vergangenheit, und die „Charta der französischen Sprache“ wurde Gesetz. So wurde das Englische aus dem Alltag zurückgedrängt. Zweimal initiierte die PQ ein Unabhängigkeitsreferendum. 1980 stimmten 59,6 Prozent für einen Verbleib in Kanada. 1995 scheiterte die Abstimmung nur knapp mit 50,58 Nein-Stimmen. Im nachhinein wurde bekannt, daß die Unabhängigkeitsgegner neunmal mehr Geld für ihre Kampagne ausgegeben hatten – darunter auch Staatsgelder. Die Bundesregierung in Ottawa hatte zudem durch eine erhöhte Anzahl an Einbürgerungen vor der Abstimmung ebenfalls Einfluß auf das Ergebnis genommen.