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Der Präsident als Glücksfall

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Bundespräsident Horst Köhler hat seit seiner Wahl durch die Bundesversammlung im Mai 2004 viel Zustimmung gefunden und Zuversicht geweckt, vor allem bei dem „Mann auf der Straße“, der Mehrheit des Volkes, die der sterilen Spiele des Parteienstaates längst überdrüssig geworden ist. Die Menschen spüren: Köhler ist „einer von uns“, einer, der sich von „weit unten“ heraufgearbeitet hat, kein stromlinienförmig Angepaßter, einer, der Schicksal erlebt hat, der aus einer kinderreichen Vertriebenenfamilie aus dem fernen Bessarabien stammt und mit ihr nach dem Zweiten Weltkrieg über die DDR in die Bundesrepublik kam – nach allem, was man sieht und weiß, ein glaubwürdiger erster Bürger unserer Republik. Nach seinem Beginn war es zeitweilig stiller um ihn geworden, so daß manche schon fragten: Wo bleibt der Präsident? Als aber Bundeskanzler Gerhard Schröder den 3. Oktober als nationalen Feiertag der Deutschen Einheit kippen wollte, stand der Mann in seinem Berliner Amtssitz Schloß Bellevue wie eine Eins und widersprach dem Kanzler: Und nun hat der Bundespräsident der Großen Koalition aus CDU und Sozialdemokraten und ihren „Sandkastenspielen“ die Leviten gelesen. Die zahlreichen Selbstbediener jaulten denn auch auf, als der erste Mann des Staates ihnen ungewohnt auf die Finger klopfte. Sie spüren instinktiv, daß ihr inkompetentes Spiel rascher zu Ende gehen könnte, als sie es gerne hätten. Und Köhler sieht, daß es angesichts der immer offener zutage tretenden Krise des deutschen Parteienstaats seines Amtes ist, die Sandkastenspieler der Parteienoligarchie zur Ordnung zu rufen und die legitimen Interessen des Gemeinwesens als Ganzes zur Geltung zu bringen wie jetzt auch bei seiner Prüfung des politisch unsäglichen und handwerklich schlampigen „Gleichbehandlungsgesetztes“. In der Tat: Wenn es diesen Bundespräsidenten nicht gäbe, man müßte ihn erfinden. Er ist sich bewußt, daß in einer nicht allzu fernen Zeit noch Aufgaben auf ihn warten können, nämlich dann, wenn der Bankrott unserer Parteienoligarchie, die mit ihrem platten Streben nach Machtgewinn und Machterhalt in eine Politik ohne Überzeugungen abgeglitten ist, vor aller Welt offenkundig werden wird. Nur eine neue Besinnung auf das Gemeinwohl wird verhindern, daß die beiden „Volksparteien“ SPD und CDU bei den nächsten Bundestagswahlen ein Desaster erleben. Prof. Dr. Klaus Hornung lehrte Politikwissenschaften an der Universität Hohenheim.

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