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Marc Jongen, ESN Fraktion

Terroristische Post aus Laibach Carl Gustaf Ströhm

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Manchmal zeigen sich Leute, die als besonders angepaßt gelten, von einer ganz anderen Seite. Dann schlagen sie über alle Stränge und benehmen sich so, wie man es niemals von ihnen erwartet hätte. Diese Regel trifft auch auf Staaten zu, wie man am Beispiel Sloweniens studieren kann. Die frühere jugoslawische Teilrepublik gilt als Musterschüler unter den EU-Kandidaten. Daß aber unter der braven Oberfläche auch andere Dinge schlummern, zeigte sich jüngst vor einem Gericht in Laibach/Ljubljana. Hier wurde der 32jährige Tomi Sluga zu vier Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Begründung: er habe die „Sicherheit des Präsidenten der USA gefährdet“. Sluga hatte per e-Post einen Brief an George Bush geschickt – über die offene Adresse des Weißen Hauses. Darin hatte er dem US-Präsidenten mitgeteilt, dieser sei in Slowenien stets willkommen – aber: falls Bush wirklich erscheine, sehe er, Sluga, sich gezwungen, ihn zu erschießen. Offenbar sandte die US-Administration diesen Text an die Laibacher Regierung. Diese wiederum setzte die Justiz in Bewegung. Bald stellte sich heraus, daß der Briefschreiber, der in Oberradkersburg/Gornja Radgona wohnhaft ist, zur lebendigen slowenischen „autonom-alternativen Szene“ gehört. Diese Szene reagierte sofort, indem sie vor dem Gebäude des Obersten Gerichts Sloweniens eine „terroristische Küche“ aufstellte, die an die Passanten und zahlreich erschienenen alternativen Demonstranten „terroristische Würstchen“ und „terroristische Gulaschsuppe“ verkaufte. Der Erlös solle dem Verurteilten ermöglichen, seine Gerichtskosten zu bezahlen. Gleichzeitig wurde die „erste terroristische Internetseite Sloweniens“ eröffnet. Die Initiatoren betonten immer wieder, daß sie damit gegen das unterwürfige Verhalten der slowenischen Justiz gegenüber der US-Politik protestieren wollten. „Wir vereinigten autonomen Aktivisten haben uns zum Protest entschlossen“, heißt es in einer Erklärung der „terroristischen“ Küchenchefs. Man habe daher mit symbolischen Briefen an den US-Präsidenten begonnen, um die Mißbilligung gegen seine Politik auszudrücken, weil diese „zu Mord bzw. zu anderen Formen der Gewalt aufrufe“. Auf der „Terror-Seite“ sind inzwischen weitere slowenische Briefe ähnlichen Inhalts an Bush aufgetaucht. Der populäre slowenische Sender Welle 202 widmete sich stundenlang dem Fall Sluga. Zahlreiche Hörer riefen an und konnten offen ihre Meinung sagen. Das Ergebnis war verblüffend: Von biederen Hausfrauen bis zu Handwerkern und Lkw-Fahrern schimpften die meisten auf das „lakaienhafte“ und „liebedienerische“ Verhalten des slowenischen Staates gegenüber den USA. Sluga zu vier Monaten zu verurteilen, sei lächerlich, meinte ein Slowene, denn entweder handle es sich um eine ernsthafte Drohung – dann seien vier Monate viel zu wenig. Oder das ganze sei ein übler Scherz, dann sei es viel zu viel. Und ein anderer meinte: Bei jedem Fußballspiel zwischen einer slowenischen und einer kroatischen Mannschaft würden von den Fußballfans so viele Morddrohungen gegen die gegnerische Mannschaft herausposaunt, daß man das halbe Stadion vor Gericht stellen müßte. Die skurrile Geschichte hat einen ernsten Hintergrund. Die kleinen Länder und Völker fühlen sich angesichts der US-Hegemonie unwohl – und sie reagieren mit der einzigen „Waffe“, die ihnen bleibt: Sie machen den Giganten lächerlich.

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