München-Harlaching, kurz vor den Weihnachtsfeiertagen 2003. Ein Fernsehteam des ARD-Politikmagazins „Monitor“ durchstreift den Stadtteil der bayerischen Landeshauptstadt auf der Suche nach Bürgern, die aus ihren Herzen keine Mördergrube machen. Der Grund: In Harlaching brodelt es, seit das dortige Hallenbad vor einigen Monaten von der Stadt München für einen multikulturellen Feldversuch auf Initiative des Ausländerbeirates auserkoren wurde. Man führte einen zweimal monatlich stattfindenden Frauenbadetag ein. Ausgerechnet am Samstag, vormals „Familienbadetag“. Schnell bekommt der Frauenbadetag von den Harlachingern das Attribut „muslimisch“ verpaßt. Denn – so die aufgebrachten Bürger – seit der Einführung dieses Tages würde das Bad zu über 90 Prozent von völlig verhüllten Muslima genutzt. Eine Sprecherin des Ausländerbeirats bestreitet dies gegenüber der JUNGEN FREIHEIT – allerdings kein einziger Harlachinger… Zum völligen Unverständnis der Harlachinger wurden noch andere Änderungen durchgesetzt. Die etwa 50 Meter lange Fensterfront des Bades wurde einfach mit Vorhängen zugehängt und das gesamte männliche Badpersonal für das umstrittene Modellprojekt ersetzt. Schnell witterte die örtliche CSU, in Harlaching in der Opposition, die Gunst der Stunde und nutzte das Thema als Munition gegen die Harlachinger Bürgermeisterin Gertraud Burkert (SPD). Auch eine „Bürgerinitiative zum Erhalt des Familienbadetages“ gründete sich und führte Protestveranstaltungen durch: alles in allem hochinteressant für die „Monitor“-Redaktion. Am 8. Januar bekamen die Harlachinger Bürger zu spüren, daß das ARD-Magazin dort weniger eine journalistische Mission im Sinn hatte, sondern eine öffentliche Strafexpedition. Bereits in der Anmoderation spricht Sonia Mikich von „einer Posse mit rassistischem Beigeschmack“. Es folgt ein Fernsehbericht, der die Harlachinger als rückständige, fiese, intolerante und latent rechtsextremistische Hinterwäldler stigmatisiert. SPD-Frau Burkert übernimmt die Rolle der Anklage: „Dahinter verbirgt sich, so könnte man sagen, eine gewisse Ausländerfeindlichkeit – die muslimischen Frauen nehmen uns unsere Bäder – und bisweilen auch Macho-Gehabe: Warum sollen die Frauen was extra haben?“ Ausgesuchte, aufgebrachte Bürgerstimmen scheinen im Bericht die Bürgermeisterin zu bestätigen. Eine protestierende Frau schimpft auf die „Moslemweiber“. Die Monitor-Kamera zoomt solche Menschen ganz nah heran. Der Effekt muß stimmen. Nach der Reportage ist der „absurde Kulturkrieg“ (Monitor) bundesweit bekannt. Mehrere überregionale Zeitungen berichteten – in der Bürgerinitiative ist man „stinksauer“ über die „einseitige und an den Haaren herbeigezogene“ Berichterstattung der ARD. Interviews mit den Sprechern der Initiative hätte man gar nicht erst gezeigt. Deren Ziel, nämlich lediglich die Verlegung des Tages auf einen weniger frequentierten Wochentag, blieb ebenfalls unerwähnt – wohl zu unspektakulär für die Redaktion. Im März soll endgültig entschieden werden, ob der Frauenbadetag beibehalten wird oder nicht. Die CSU und die Bürgerinitiative sammeln derweil Unterschriften, mittlerweile sollen es bereits über 1.000 sein.
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