Es ist nicht immer ganz leicht, die Plakate der Parteien im Berliner Wahlkampf auseinanderzuhalten. Die Aussagen sind wie so oft fast deckungsgleich. So fordert die oppositionelle CDU „Arbeit für Berlin“, während die regierende Linkspartei ankündigt, „gute Arbeit schaffen“ zu wollen. Auch die FDP erhebt die gleiche Forderung, nur eben in der klienteltypischen Terminologie: „Mehr Unternehmen für Berlin“. Dagegen zeigt sich die mit der PDS regierende SPD „konsequent“. Der Senat sei „konsequent fördernd“ und „konsequent ideenreich“, verkünden die Großwandplakate. Außerdem gehe es im Land Berlin „konsequent kinderfreundlich“ zu, weil das letzte Kita-Jahr demnächst kostenfrei ist. Besonders hoch ist der Ulk-Faktor von „Konsequent gastfreundlich. Über sechs Millionen Gäste lieben unseren Humor.“ Dazu ist nicht etwa eine Bedienstete aus dem Nobelhotel Adlon zu sehen, sondern ein typisch desinteressierter Berliner „Droschkenkutscher“. Humor ist, wenn man trotzdem wählt. Einer darf natürlich nicht fehlen: der „konsequente“ Regierende, Klaus Wowereit. Die Genossen haben mit 1,4 Millionen Euro das größte Wahlkampfbudget: Damit kommen sie auf 55.000 Plakate und 800 Großplakate. Man kommt sich schon mal in die Quere Die CDU kann da nicht ganz mithalten. Sie investiert nur 750.000 Euro in 40.000 Plakate und 500 Großtafeln. Und ihr Kandidat Friedbert Pflüger erscheint nur in Schwarzweiß, eine klare Reminiszenz an die Adenauer-Zeit. So war es auch schon auf dem Nominierungsparteitag der CDU im März: Dort wurde ein Kurzfilm aus den fünfziger Jahren eingespielt, schwarzweiß natürlich. Der Wahlkampffilm handelt von einem Herrn Schmitz, der früher übles Kraut rauchen mußte und Fahrrad fuhr. Jetzt qualmt er beste Havannas und fährt Motorroller. Urlaub macht er – Adenauer sei Dank – auch: „Nun fährt er mit stabilem Geld – hochgeschätzt in alle Welt.“ Nur die Miesmacher von der SPD wollen eine politische Wende herbeiführen, so geht der Film weiter. Da kreuzt Herr Schmitz natürlich lieber den Adenauer an. Einen Zusammenhang zwischen Kurzfilm und Berlin-Wahl gab es nicht. Er war auch nicht dazu gedacht, eine Wechselstimmung zu unterstützen, heißt es. Dessenungeachtet bedient sich die Union seit dem letzten Bundestagswahlkampf der Farbe Orange. Daher sind die Plakate nicht von denen der linken WASG (Budget: 55.000 Euro) zu unterscheiden. Man setzt eben gern auf die Farbe der „orangenen Revolution“ in der Ukraine – obwohl ebendiese just verpufft ist. Während die WASG als kleine Konkurrenz von links ihre paar Groschen zusammengekratzt hat, klotzen die Grünen richtig. Die im bürgerlichen Leben angekommenen Ex-Alternativen bringen mit 900.000 Euro bereits mehr Geld auf als die Union und wollen 18.000 Plakate und 100 Großtafeln aufstellen – Slogan: „Berlin grün“. Was tut man nicht alles, um im rot-roten Koalitionsboot mitfahren zu dürfen. Optisch in der ganzen Stadt überrepräsentiert ist dagegen die FDP. Die Liberalen (Budget: knapp 500.000 Euro) planen 23.000 kleine und 150 große Plakate. Kein Wunder, daß man sich bei der Fülle in die Quere kommt. So kam es in Neukölln sogar zum Streit mit der CDU. Der FDP-Spitzenkandidat – ebenfalls „konsequent gegen Bürger-Abzocke“ – war besonders fleißig und sicherte sich die besten Plätze bereits einen Tag, bevor „offiziell“ Plakate aufgestellt werden durften. Doch zu früh gefreut. Tags darauf ordnete die CDU-Bezirksstadträtin das Abräumen der bereits aufgestellten Plakate an. 300 Plakate der Liberalen und 100 der SPD-Genossen wurden von Mitarbeitern des Ordnungsamts wieder eingesammelt. Ihnen folgten auf dem Fuße die Plakatierer der Union, die die nun freigeräumten Laternenpfähle in Beschlag nahmen. Ein Fall von Amtsmißbrauch? Ebendies wirft der Liberale seiner Konkurrentin vor. Die Stadträtin kontert, dies sei „Wildwest gewesen, was sich da am Straßenrand abgespielt“ habe. Weniger an Wildwest als an eine simple Verkehrsgefährdung erinnert dagegen der Wahlkampf der Linkspartei/PDS. Deren Großplakate offerieren dem vorüberfahrenden Autolenker einen halben Roman über die erzielten Erfolge. Doch wer kommt bei Tempo 50 schon über die erste Zeile hinaus, ohne den Verkehr zu gefährden? „Weiter denken“, rät dagegen die NPD und fragt: „Räuber wohnen im Wald?“