BERLIN. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hat bei einer Veranstaltung des Grimme-Instituts in Berlin vor einem Zusammenbruch der freien Medienordnung gewarnt. „Daß das System der freien Medien kollabiert“, warnte der parteilose Politiker. „Wir müssen verhindern, daß uns die gesamten europäischen Gesellschaften in den Rechtsradikalismus abrutschen“, unterstrich Weimer auf der Veranstaltung „Digitale Souveränität und die Verantwortung der Medien“.
Er sagte, daß digitale Plattformen die verfassungsmäßige Grundlage der Demokratie bereits veränderten. „Wir hatten eine kommunikative Balance in der Debattenkultur unserer Demokratie“, sagte Weimer dem Publikum. „Damals standen Inhalte im Mittelpunkt, jetzt sind es Affekte.“ Plattformen seien heute de facto auch „Verfassungsgeber“. Das verlange „einen neuen Zugriff der Gesellschaft und der Politik“, sonst drohe „ein Backlash und die freie Willensbildung ist in Gefahr“.
Weimer betonte, die Übermacht der großen Unternehmen sei „gar nicht böse intendiert, sondern das Ergebnis eines wirtschaftlichen Prozesses“. Dennoch änderten diese Strukturen die Grundlagen der Mediendemokratie. Wenige Anbieter steuerten Inhalte und Daten und erzielten Gewinne, „die früher die Vielfalt im Journalismus und den Diskurs gesichert haben“.
Schwere Vorwürfe gegen Weimer
Europa sei weiterhin „ein unglaublicher Produzent von Inhalten“ und zugleich „eine Goldgrube für die Big-Techs“. Wer in Europa große Plattformen betreibe, müsse deshalb auch „in die Stabilität der Gesellschaft investieren“. Der geplante Plattform-Soli folge dieser Logik. Dafür gebe es einen breiten Konsens im Parlament. Auch die geplante Investitionsverpflichtung für Streamingdienste begründete er mit dieser Zielsetzung. Die Gespräche seien abgeschlossen, „die Ergebnisse sind sehr gut, wir werden dies auch zeitnah kommunizieren“, kündigte Weimer an.
Weimer steht seit Tagen wegen Berichten über geschäftliche Verflechtungen unter Druck. Nach Recherchen von Apollo News soll seine frühere Medienfirma gegenüber Kunden „Einfluß auf politische Entscheidungsträger“ angeboten haben. Zudem wurden nach Recherchen der JUNGEN FREIHEIT auf der Unternehmensseite mehrere angebliche Medienpartnerschaften aufgeführt, die nachträglich entfernt wurden. Weimers Ehefrau lehnte in diesem Zusammenhang einen bereits angekündigten bayerischen Verfassungsorden ab. (sv)






