BERLIN. Der Medienkritiker Stefan Niggemeier hat dem Spiegel vorgeworfen, in der Vergangenheit homosexuellenfeindliche Klischees bedient zu haben. Auf seinem Blogg schreibt er über die 80er Jahre: „Die Aids-Berichterstattung jener Jahre gehört zu den besonders dunklen Flecken in der Geschichte des Spiegel“.
Der Anlaß ist eine Preisverleihung am Sonnabend. Dann soll das Nachrichtenmagazin vom Lobbyverein Schwules Netzwerk NRW mit einem Preis namens Kompaßnadel ausgezeichnet werden. Der homosexuelle Aktivist Martin Dannecker, Preisträger im Vorjahr, weigert sich den Preis – wie sonst üblich – an den Nachfolger zu übergeben. Der Grund: die Aids-Berichterstattung des Spiegel in den 80er Jahren.
Die Berichte des Spiegel seien „Panikmache“ gewesen, schreibt Niggemeier. Zahlen und Fakten seien damals „grandios übertrieben“ gewesen. Vor allem der Spiegel-Autor Hans Halter habe „Ausrottungsphantasien“ entwickelt wie diese: „Wenn in den nächsten Jahren kein wissenschaftlicher Durchbruch erzielt wird, werden zur Jahrtausendwende weite Teile von Afrika, und möglicherweise auch von Mittel und Südamerika, weitgehend entvölkert sein.“
Niggemeier erhebt Vorwürfe gegen die Spiegel-Redaktion, ohne weitere Namen zu nennen. Vielleicht seien die Spiegel-Leute auch besoffen davon gewesen, wie „kraß geil wirkungsvoll diese Seuche ist“, so der Medienjournalist weiter. Pikant ist, daß Niggemeier selbst bis vor kurzem beim Spiegel gearbeitet hat. Davor war er FAZ-Kolumnist. Beim Spiegel hat er nach wenigen Monaten gekündigt, weil es „nicht gepasst“ habe. (rg)