MÜNSTER. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat die Stadt Münster dazu verpflichtet, Warnhinweise von zwei Exemplaren eines Buchs des Kopp-Verlages im Bestand der Stadtbücherei zu entfernen. Damit gab es einem Eilantrag des Autors Gerhard Wisnewski statt, der sich gegen die Hinweise wehrte und dabei zunächst vor dem Verwaltungsgericht gescheitert war.
Konkret geht es um Wisnewskis Werk „Verheimlicht. Vertuscht. Vergessen. Was 2023 nicht in der Zeitung stand“, das vom Kopp-Verlag vertrieben und als „das andere Jahrbuch“ vermarktet wird. Laut Verwaltungsgericht Münster stellt es unter anderem die Atombombenexplosionen in Hiroshima und Nagasaki 1945 und die bemannten Mondlandungen in Abrede.
Bücherei soll Bürger nicht lenken
Nachdem sich Besucher über das Buch beschwert hatten, versah die Stadtbücherei Münster es mit folgendem Hinweis: „Dies ist ein Werk mit umstrittenem Inhalt. Dieses Exemplar wird aufgrund der Zensur-, Meinungs- und Informationsfreiheit zur Verfügung gestellt.“ Zunächst hatte es auch noch geheißen: „Der Inhalt dieses Werks ist unter Umständen mit den Grundsätzen einer demokratischen Gesellschaft unvereinbar.“
Das OVG sieht den Warnhinweis als rechtswidrig an. Es begründet seine Entscheidung mit der Meinungsfreiheit Wisnewskis und dessen allgemeinem Persönlichkeitsrecht. „Im Buch enthaltene Meinungen werden durch den Hinweis negativ konnotiert und ein potentieller Leser könnte von der Lektüre abgehalten werden.“
Diese Grundrechtseingriffe seien nicht gerechtfertigt, weil sie nicht von der Aufgabenzuweisung im Kulturgesetzbuch Nordrhein-Westfalens gedeckt seien. Der Fokus der gesetzlichen Regelung liege nämlich darauf, „den Nutzerinnen und Nutzern der Bibliothek als mündigen Staatsbürgern eine selbstbestimmte und ungehinderte Information zu ermöglichen“. Sie sollten sich eine eigene Meinung bilden können, „ohne insoweit gelenkt zu werden“.
Verwaltungsgericht sah es anders
Das Verwaltungsgericht hatte – anders als jetzt das OVG – noch die Auffassung vertreten, Wisnewski könne keinen Anordnungsanspruch geltend machen, wonach der Warnhinweis zu entfernen sei. Zwar werde durch den Hinweis in seine Grundrechte eingegriffen. Das sei allerdings gerechtfertigt.
Das Gericht führte dazu unter anderem aus, öffentliche Bibliotheken hätten nicht nur einen reinen Informationsauftrag, sondern seien Bildungseinrichtungen, die zur staatsbürgerlichen Bildung beitragen. Außerdem sei der Warnhinweis „zurückhaltend und nicht reißerisch formuliert“. Es bleibe den Lesern selbst überlassen, ob sie das Buch lesen wollen. „Je nach Leserkreis kann ein entsprechender Hinweis sogar dazu führen, daß das Interesse an dem Buch erst geweckt wird.“
„Wehret den Anfängen!“
Mit dem neuen Beschluß des OVG Münster ist diese Einschätzung nun hinfällig. Der Beschluß ist unanfechtbar. Von dem Warnhinweis der Stadtbücherei betroffen ist laut Medienberichten auch ein weiteres Buch, nämlich „Putin. Herr des Geschehens?“ von Jacques Baud. Das Urteil des OVG Münster bezieht sich aber nur auf die zwei Exemplare des Wisnewski-Buches.
Das Vorgehen der Stadtbücherei hatte auch im politischen Raum für Kritik gesorgt. Die frühere FDP-Landesministerin Yvonne Gebauer bezeichnete die Einordnungshinweise im Januar als befremdlich. „Ich kann nur sagen: Wehret den Anfängen!“ Die CDU in Münster sprach von einer „versuchten Bevormundung“. (ser)