WETZLAR. Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck hat als erste Landeskirche Deutschlands bekanntgegeben, daß ihre Pfarrer Menschen in den sogenannten polyamoren Beziehungen segnen. Dabei handelt es sich um Beziehungen, an denen mehr als zwei Partner beteiligt sind. „Wo dies der Fall war, haben sie aus seelsorgerlichen Gründen Neuland beschritten – orientiert an der Qualität der Beziehung, nicht an der Personenzahl“, teilte eine Sprecherin der Evangelischen Nachrichtenagentur Idea am Mittwoch mit.
Auf Idea-Anfrage schloß nur die württembergische Landeskirche die Segnung von polyamoren Beziehungen „kategorisch“ aus. Fünf weitere erklärten, daß es in der Verantwortung des einzelnen Seelsorgers liege, wie er mit einer entsprechenden Anfrage umgehe. Neben Kurhessen-Waldeck gehören auch die Landeskirchen von Bayern, Rheinland, Hessen und Nassau sowie die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland dazu. Sieben weitere äußerten sich zu der Frage nicht, vier gaben an, das Thema spiele in der Praxis noch keine Rolle.
Aus der sächsischen Landeskirche hieß es gleichwohl, daß die geltende Lebensordnung für den pastoralen Dienst bereits „seelsorgerliche Spielräume“ vorsehe. „Auf dieser Grundlage steht unser Nachdenken über vielfältige andere Formen des Zusammenlebens.“ Innerhalb der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands werde darüber hinaus über eine Aktualisierung der Lebensordnung beraten.
Mehrheit lehnt Segnung polyamorer Paare ab
Auch gab Idea eine Umfrage zur Segnung polyamorer Beziehungen in Auftrag. Gegenüber Insa gaben 48 Prozent der Befragten an, dies abzulehnen. Eine gegensätzliche Position vertraten 26 Prozent, weitere 21 Prozent wissen nicht, wie sie dazu stehen, fünf Prozent machten keine Angabe.
Unter den Kirchenmitgliedern lehnen die Freikirchler den Segen für Polyamorie mit 56 Prozent am häufigsten ab, gefolgt von den landeskirchlichen Protestanten mit 55 Prozent und den Katholiken mit 50 Prozent. Bei den Muslimen sind es 42 Prozent, bei den Konfessionslosen 46 Prozent.
Am kritischsten dazu äußerten sich die Anhänger der AfD. Laut Insa lehnen 56 Prozent die Segnung ab, bei den Unionswählern beträgt dieser Anteil 52 Prozent. Danach folgen Sympathisanten der SPD mit 49 Prozent, der Grünen mit 37 Prozent und der Linken mit 32 Prozent. (kuk/mit IDEA)