BERLIN/HAMBURG. Das Landgericht Hamburg hat dem Spiegel untersagt, den Verdacht zu erwecken, der Frontsänger Till Lindemann habe Frauen bei „Rammstein“-Konzerten mit K.O.-Tropfen, Drogen oder Alkohol sexuell gefügig machen lassen.
Das ist der Hauptvorwurf, der dem Musiker im Umgang mit weiblichen Fans gemacht wird. Doch für die Erhebung dieses schwerwiegenden Verdachts fehle es an dem „erforderlichen Mindestbestand an Beweistatsachen“, schreibt Lindemanns Anwaltskanzlei Schertz & Bergmann in einer Pressemitteilung.
Keine eidesstattliche Versicherung stützt „Spiegel“-Bericht
Konkret heiße es in der Begründung des Gerichts zum Erlaß der einstweiligen Verfügung: „Keine Aussage der Zeuginnen, welche ihre Angaben an Eides statt versichert haben bzw. gegenüber den Autorinnen der Antragsgegnerin getätigt haben, trägt den Verdacht, daß der Antragsteller Frauen bei Konzerten mit Hilfe von K.O.-Tropfen/Alkohol/Drogen betäubt hat bzw. hat betäuben lassen, um ihm zu ermöglichen, sexuelle Handlungen an den Frauen vornehmen zu können.“
Der Spiegel hatte in seiner als „Der Fall Rammstein“ angekündigten Titelgeschichte am 10. Juni über Vorwürfe mehrerer Frauen berichtet. Der Artikel wurde auch online über unter der Überschrift „Sex, Macht, Alkohol – Was die jungen Frauen aus der Row Zero berichten“ veröffentlicht.
Gericht verbietet 18 Passagen über „Rammstein“
Die Lindemann-Anwälte halten nun fest: „Der Verweis auf die unzureichenden eidesstattlichen Versicherungen der angeblichen Zeuginnen ist deshalb von besonderer Relevanz, weil der Spiegel seine Berichterstattung öffentlichkeitswirksam auf angebliche Gespräche mit einem Dutzend Frauen und zudem auf die Unterzeichnung mehrerer eidesstattlicher Versicherungen gestützt hat.“
Darüber hinaus untersagte das Landgericht Hamburg dem Spiegel weitere falsche Tatsachenbehauptungen. „Das gerichtliche Verbot umfaßt 18 teilweise lange Passagen des Artikels, die auf sechs Seiten der einstweiligen Verfügung im Einzelnen wiedergegeben werden“, schreiben Schertz und Bergmann.
Anwälte: „MeToo“-Berichterstattung läuft aus dem Ruder
Die Anwälte sprechen von einer „völlig aus dem Ruder gelaufene Verdachtsberichterstattung zum Thema ‚MeToo‘“. Die Medien ignorierten „zunehmend die Vorgaben, die die Rechtsprechung für eine Verdachtsberichterstattung aufgestellt hat“. Immer wieder berichteten sie über schwerwiegende Vorwürfe, „obwohl nur einseitige Aussagen vorliegen und strafrechtliche Ermittlungen nicht eingeleitet wurden oder am Anfang stehen“. Dadurch komme es zu „massiven Vorverurteilungen“.
Lindemann werde nun über seine Anwälte auch gegen andere Medien „gerichtlich vorgehen“, die die Vorwürfe des Spiegels weiterverbreitet oder ähnliche Behauptungen aufgestellt haben. (fh)