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Beckmesserei

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Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, daß der zwischen den EU-Mitgliedsstaaten geschlossene Lissabon-Vertrag zwar mit dem Grundgesetz vereinbar ist, das Begleitgesetz jedoch durch das Parlament modifiziert werden muß, bevor die Ratifizierung vollzogen werden kann.

Die grundsätzliche Billigung des als Ersatz für die gescheiterte EU-Verfassung auf den Weg gebrachten Vertrages durch die Karlsruher Richter kam nicht überraschend. Zwar mögen sie von ihrem Selbstverständnis her noch so konservativ sein, da es nun einmal ihre Aufgabe ist, das Grundgesetz und hier insbesondere seinen Kernbestand zu hüten. Sie neigen aber nicht dazu, den Gang der Geschichte aufhalten zu wollen, der nun einmal auch keinen Bogen um Verfassungsordnungen macht. Insofern dürfte ihnen sicherlich nicht entgangen sein, daß die durch den Souverän gewählte legislative Gewalt schon seit längerem nicht mehr über die Kompetenzen verfügt, die das Grundgesetz ihr eigentlich zugedacht hatte. Sie wahren aber den Schein, bis die Zeit einmal reif sein sollte, durch eine europäische Verfassung die in den Nationalstaaten immer größer werdende Diskrepanz zwischen Verfassungsanspruch und Verfassungswirklichkeit schlagartig zu überwinden.

Bis dahin sollen jedoch eherne Grundsätze gelten: Da das Europäische Parlament „nicht gleichheitsgerecht gewählt“ und „innerhalb des supranationalen Interessenausgleichs zwischen den Staaten nicht zu maßgeblichen politischen Leitentscheidungen berufen“ sei, wäre das Demokratiedefizit einfach zu groß, wollte man die „politische Gestaltung der wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Lebensverhältnisse“ einfach der EU anheimstellen. Die europäische Integration dürfe „nicht zur Aushöhlung des demokratischen Herrschaftssystems in Deutschland führen“.

Insbesondere die Abgeordneten des Bundestages sind nun in der undankbaren Rolle, daß das Bundesverfassungsgericht von ihnen etwas verlangt, was sie nicht leisten können und vielleicht auch gar nicht leisten wollen. Die gängige Praxis ist heute nun einmal, daß die Regierungen auf EU-Ebene Beschlüsse aushandeln, die dann auf dem Instanzenweg nach unten in die nationalen Parlamente zur Akklamation gegeben werden. Hier altbackenen Demokratievorstellungen zuliebe auf dem Anspruch des Abgeordneten auf politische Mitgestaltung zu beharren, wäre eine unzeitgemäße Beckmesserei. Zudem kann niemand behaupten, der Souverän werde hintergangen. Wäre er mit dieser Entwicklung unzufrieden, würde er ja andere Parteien wählen.

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