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Streiflicht: Erneuerer der protestantischen Kirchenmusik

Streiflicht: Erneuerer der protestantischen Kirchenmusik

Streiflicht: Erneuerer der protestantischen Kirchenmusik

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Streiflicht
 

Erneuerer der protestantischen Kirchenmusik

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu den Griechenland-Hilfen hat der Bundesregierung die Grenzen ihrer Euro-Rettungspolitik aufgezeigt. Jetzt stehen die Abgeordneten des Bundestags in der Pflicht, die Erweiterung der Rettungspakete zu stoppen. Aus der Verantwortung ist auch der Wähler nicht entlassen, künftig Politiker zu wählen, die dem nationalen Gemeinwohl verpflichtet sind. Ein Kommentar von JF-Chefredakteur Dieter Stein.
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Schluessel
Hugo Distler: Der Erneuerer der protestantischen Kirchenmusik wäre heute hundert Jahre alt geworden. Foto: Pixelio/Claudia35

Obwohl einem breiteren Publikum außerhalb der Aufführungen gottesdienstlicher Gebrauchsmusik wenig bekannt, zählt Hugo Distler zu den bedeutendsten deutschen Tonsetzern des 20. Jahrhunderts. Heute wäre er hundert Jahre alt geworden.

Distlers Schaffen, überwiegend Chorwerke, ist zu einem großen Teil der musica sacra zuzurechnen. Stilistisch orientiert er sich an den Komponisten des Barock und der späten Renaissance, wobei sein großes Vorbild Heinrich Schütz ist. Dabei kopiert er nirgendwo die Kunst der alten Meister, sondern versucht, sie aus dem Geist seiner Zeit heraus zu erneuern.

Dieser Geist ist unter anderem geprägt durch die sogenannte „Singbewegung“ der zwanziger und frühen dreißiger Jahre, für die das Weg von sentimentaler Subjektivität und ein Hin zum objektiven, gemeinschaftlichen Musizieren kennzeichnend ist.

Distler geht mit feinstem psychologischem Gespür jeder Nuance seiner Textvorlagen nach. Die Autonomie der einzelnen linearen Stimmentwicklung in Distlers polyphonem Satz führt zu einem eigenwillig spröden Duktus, zu kühnen Harmonien und schroffen Dissonanzen in all seinen Werken. Die Baßstimmen geraten nicht mehr zum harmonischen Fundament des Ganzen, es entsteht eine eigentümliche Schwebe der Harmonik, die nirgendwo in funktionale Kadenzen mündet.

Distler machte sich auch als Chorerzieher einen Namen

Auch liebt es der Komponist, die feste Taktgebundenheit durch Taktverschiebungen und asymmetrische Teilungen aufzulösen, wie es in Ansätzen übrigens schon in den Chorwerken der Renaissance zu beobachten ist. Doch verstand sich Distler keineswegs als Neutöner, im Gegenteil verabscheute er die Atonalität als „naturwidrig“. Seine Werke beruhen, wie er es selbst bezeichnete, auf einer „neuen, funktionslosen Tonalität“.

Seine bedeutendsten geistlichen Werke sind die „Choralpassion“ op.7 (1932) sowie die Geistliche Chormusik op. 12, ein großangelegter Motettenzyklus, seine größte weltliche Schöpfung ist das „Mörike-Chorliederbuch“ op. 19 von 1939, in dem 40 Gedichte Mörikes in insgesamt 48 Chorsätzen vertont sind.

Am 24. Juni 1908 in Nürnberg geboren, studierte Distler zunächst Komposition und Orgelspiel in Leipzig, brach aber aus finanziellen Gründen 1930 sein Studium ab und trat die Organistenstelle an St. Jakobi in Lübeck an. Von 1937 bis 1940 lehrte er an der Stuttgarter Musikhochschule. Diese Zeit war nicht nur kompositorisch die fruchtbarste Epoche in seinem Leben, auch als Chorerzieher konnte er sich einen herausragenden Namen machen.

Distlers Werk galt als „entartet“

Im Jahr 1940 wurde er als Professor für Komposition und Orgel an die Berliner Hochschule für Musik berufen und übernahm auch die Leitung des Berliner Domchors. Hugo Distler, der seit 1933 Mitglied in der NSDAP war, schied am 1. November 1942 durch Selbstmord aus dem Leben. Über die Umstände dieses Freitods wurde viel kolportiert und Distler nachträglich gleichsam zum Widerständler und NS-Opfer erhoben.

Die Nationalsozialisten wollte, so hieß es, Distler Werke als „entartet“ verbieten und Distler sollte zudem einen Einberufungsbefehl an die Ostfront befürchtet haben. Dies habe den ohnehin seit langem depressiven Komponisten vollends aus dem Gleichgewicht gebracht.

Die Wahrheit ist, daß Distlers Werke keineswegs als „entartet“ angesehen waren, einige seiner Chorkompositionen wurden sogar zu offiziellen politischen Anlässen aufgeführt. Das Grab des Komponisten befindet sich auf dem Stahnsdorfer Waldfriedhof südlich von Berlin.

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