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Ermordete Schreibtischtäter

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Ermordete Schreibtischtäter

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Nach zwei Büchern über die „Polnische Post“ in Danzig und Albert Forster, den NS-Gauleiter der „Freien Staat“ und späteren Reichsgau Danzig-Westpreußen, hat sich Dieter Schenk dem „Generalgouverneur“ Hans Frank zugewendet (2006). Als Nebenprodukt dieser Biographie untersucht er nun ein Ereignis aus Franks Herrschaftsbereich in „Rest-Polen“, die Liquidierung überwiegend nichtjüdischer Hochschullehrer in Lemberg im Juli 1941. Den Tathergang hat der pensionierte Kriminalist Schenk korrekt ermittelt. Ebenso die Täter, deren Biographie bis 1939, deren Lebenswege nach 1945, die strafrechtlichen Ahndungsversuche der bundesdeutschen Justiz, die für ihn einer „Nichtverfolgung“ gleichen. Insoweit bleibt der Autor einer Arbeitsweise treu, die vor allem seine beiden Danzig-Bücher kennzeichnen. Denn auch dort scheinen Täter und Opfer allein durch die Tat verknüpft. Daß es sich an der Mottlau wie in Lemberg aber um „Beziehungstaten“ gehandelt haben könnte, dies erwägt Schenk nicht einmal. Er ist schließlich kein Staatsanwalt, der gesetzlich verpflichtet ist, nicht nur Be-, sondern auch Entlastendes zu ermitteln. Daher erfährt der Leser nichts über den maßgeblichen Anteil der polnischen akademischen Intelligenz, vornehmlich der Universitäten Krakau, Warschau und Posen – aber eben auch Lemberger Professoren – an der geistigen Vorbereitung des Zweiten Weltkrieges. Nichts von ihrem bei manchen noch vor 1914 zurückreichenden, menschenverachtenden publizistischen Engagement, das durchdrungen von aggressiven polnischen Nationalchauvinismus auf Landraub in Ostdeutschland ausging, auf Annexionen, die nur durch Krieg, Mord und Massenaustreibung zu verwirklichen waren. Mithin müßte eine von Hans Magnus Enzensberger angeregte, leider nie gewagte „Anthologie der Schreibtischtäter“ Traktaten polnischer Professoren, die die Stimmung für den Massenmord an 5.000 Volksdeutschen im September 1939 schufen, viel Raum geben. In der von Lenins Parole „Wer wen?“ bestimmten Weltbürgerkriegslage durfte sich daher niemand unter den Lembergern sicher sein, daß das Pendel nicht auch gegen ihn zurückschlagen würde. Wer vom Lehrkörper im Juli 1941 nicht floh, vertraute offenbar allzu leichtsinnig darauf, daß ausgerechnet die keineswegs „wohlmeinenden“ Weltbürgerkrieger Heydrichs nach individueller Schuld verfahren würden. Dieter Schenk: Der Lemberger Professorenmord und der Holocaust in Ostgalizien, Dietz Verlag, Bonn 2007, gebunden, 308 Seiten, 22 Euro.

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