Die Bundesrepublik Deutschland, so stellt die aktuelle Studie „Global Entrepreneurship Monitor“ fest, verfügt im internationalen Vergleich über eine beispiellose Infrastruktur öffentlicher Programme zur Förderung von Unternehmensgründungen. Eine Spitzenposition wird ihr außerdem hinsichtlich des Schutzes geistigen Eigentums sowie des Angebotes an unternehmensbezogenen Dienstleistungen attestiert. Dennoch sind nur wenige Deutsche bereit, eine Geschäftsidee zu ersinnen und den Sprung in die Selbständigkeit zu wagen. Setzt man die Zahl der Existenzgründer in das Verhältnis zur erwerbsfähigen Bevölkerung insgesamt, rangiert die Bundesrepublik unter den 42 von der Studie betrachteten Staaten nur auf Rang 37. Ein weiterer Abstieg zeichnet sich ab, da das Phlegma der Bürger unablässig zu wachsen scheint: Spielten vor einem Jahr noch 5,4 Prozent von ihnen mit dem Gedanken, sich selbständig zu machen, so sind es heute nur noch 4,2 Prozent. Die Gründe, die die Studie für dieses Phänomen anzuführen weiß, sind in erster Linie psychologischer Natur: Mehr als den Bürgern anderer Staaten mangelt es den Deutschen offenbar an Vertrauen in die eigene unternehmerische Begabung und an einem zuversichtlichen Blick auf das, was die Zukunft bringen mag. Damit sind allerdings wohl eher Symptome denn Ursachen benannt. Letztlich dürfte nämlich auch hier der demographische Wandel am Werk sein: Der durchschnittliche Erwerbsbürger wird immer älter. Die Lebensspanne, die ihm verbliebe, um ein unternehmerisches Projekt erfolgreich anzugehen, schmilzt, wodurch das objektive Risiko des Scheiterns wächst. Die Einwanderer wiederum, die die Lücken schließen sollen, sind zwar tendenziell fleißiger und wagemutiger. Sie gelangen aber erst peu à peu zu einer sicheren Orientierung in unserer Gesellschaft, so daß sie auch neue Marktnischen nicht immer sogleich erkennen. In Deutschland, so meint der „Global Entrepreneurship Monitor“, sei zudem der „klassische Unternehmertyp“ immer mehr in den Hintergrund getreten. Sehr viele Menschen würden zur Existenzgründung bloß schreiten, weil sie niemand mehr anstellen wolle. Anstatt über diese Entwicklung Klage zu führen, sollte man sie jedoch als Chance begreifen, Vorurteile zu überwinden: Nicht alle Unternehmer sind skrupellose Selbstverwirklicher, die andere Menschen für sich arbeiten lassen, um selber reich zu werden. Sehr oft hat sie bloß die Not drohender Dauerarbeitslosigkeit dazu getrieben, Verantwortung zu übernehmen und permanentes Risiko zu ertragen.