In Berlin hat der Abriß der sogenannten ZumthorTürme begonnen, die den Blickfang des NS-Dokumentationszentrums „Topographie des Terrors“ bilden sollten. Unter ästhetischen Gesichtspunkten darf man das sogar bedauern. Nur wenige der neuen Bauten in Berlin können sich an Originalität mit dem preisgekrönten Projekt des Schweizer Architekten Peter Zumthor messen. Die „Topographie“ liegt auf dem Gelände des einstigen Prinz-Albrecht-Palais, wo sich bis 1945 der Reichssicherheitshauptamt befand. Zumthor, der für seine eskapistischen Projekte bekannt war, plante hier einen „unglaublich schönen“ Bau, ein „Spiel aus Licht und Schatten“ und eine „japanische strukturelle Heiterkeit“. Das Gebäude sollte für sich selber sprechen, Museumsdidaktik schien ihm überflüssig. „Nur der reine, sozusagen architekturphänomenologisch herauspräparierte Ort wird zu sehen sein.“ Die Temperatur im Innern hätte maximal 14 Grad betragen, was dem Besucher „das Gefühl des Draußenseins“ vermitteln sollte. Soviel Bodenlosigkeit hätte die Organisatoren von Anfang an abschrecken müssen, doch längst war die Vergangenheitsbewältigung zum Selbstläufer geworden. Knapp 15 Millionen Euro sind in den Sand gesetzt worden. Für die Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar standen nicht einmal fünf Millionen Euro zur Verfügung, um rechtzeitig einen modernen Brandschutz zu installieren. Nun endlich, in Zeiten knapper Kassen, hält man es in Berlin nicht mehr für vermittelbar, insgesamt 40 Millionen für ein weitgehend unpraktikables Gebäude auszugeben. Vor allem aber ist Zumthor am Holocaust-Denkmal gescheitert. Gleich zwei Großprojekte nur ein paar hundert Meter voneinander entfernt sind selbst den härtesten Wut-und-Trauer-Spezialisten zuviel. Die Riesenschlange der Vergangenheitsbewältigung ist in ihr kannibalistisches Stadium eingetreten, sie beißt sich in den eigenen Schwanz. Auch das ist eine Lösung.
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