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Ambitionen

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Häufiger als Andrew Eldritch, der unterdessen fahnenflüchtige Pionier einer heroisch-nihilistischen Hauptströmung des Gothic Rock, ist im Popgewerbe kaum jemand kopiert worden. Knapp zwei Jahrzehnte nach dem Erscheinen von „First And Last And Always“ der Sisters of Mercy haben sich nun drei schwedische Musiker unter dem Bandnamen Dr. Arthur Krause an eine neuerliche Sound-Paraphrase gemacht. Mit ihrem Debütalbum „Before and After“ (M&A Music Art/ SXDistribution) kommen sie dabei dem unverhohlenen Referenzpunkt so nahe wie wohl niemand zuvor. Über die Originalität dieses Konzepts, das traurige Gitarrenläufe, computergenerierte Schlagzeugkaskaden und den gebrochenen Gesang eines Schmerzensmannes zusammenmischt, braucht man sich demnach nicht zu unterhalten. Man kann allenfalls fragen, ob sich die Musiker denn in der Klangwelt, die sie da auferstehen lassen, zurechtfinden und es zu Neuschöpfungen bringen. Dies ist im Fall Dr. Arthur Krause uneingeschränkt zu bejahen, so daß jene zufrieden sein dürfen, die bei aller Neigung zur Nostalgie nicht gelangweilt werden wollen. Die mentale Disposition, die den Sisters of Mercy – abgesehen vom bloßen Unterhaltungsbedürfnis – weiland ihre Fans zutrieb, hat heute ungleich vielfältigere Chancen, sich durch Musikkonsum Ausdruck zu verschaffen. Der Trend ist daher längst zu einer kleinen Nische zusammengeschmolzen. Sie zeichnet sich unverändert dadurch aus, daß in ihr auf sublime Esoterik verzichtet werden kann. Die Geheimnisse, um die es geht, liegen auf der Straße und nicht im Verborgenen heiliger Stätten. So angejahrt sie ist, wird in ihr weiterhin Altklugheit gepflegt, das elitäre Gänsehautgefühl, sich durch den simplen Rekurs auf Schmerz, Tod, Dunkelheit und Einsamkeit über den hedonistischen Massengeschmack zu erheben, ohne das Tanzen sein lassen zu müssen. Die Darstellung der eigenen Befindlichkeit ist dort, wo auf den Anspruch Wert gelegt wird, die Musikproduktion nicht nach den Maximen der Konsumgüterindustrie auszurichten, in der Regel jedoch ambitionierter. Die Band Megalith geht dabei sogar so weit, daß ihre Veröffentlichungen ohne einen Fußnotenapparat nicht angemessen zu würdigen sind. Wer ihre jüngste CD „Spirit Soldiers/ Soldaten des Geistes“ (Stonehenge Records) einfach nur hört, wird nämlich auf Anhieb vielleicht nur eine neue Spielart der nicht mehr ganz so jugendfrischen „Neuen Deutschen Härte“ oder einen Versuch, aus den Chaosklängen des Black Metal eine Form zu schöpfen, erkennen mögen. Bereits die Texte geben allerdings einen ersten Fingerzeig darauf, daß hier nicht einfach das Tier entfesselt wird und sich eine intensivere Auseinandersetzung lohnt, die dann sogar musikalisch zunächst Unzugängliches erschließen hilft. Megalith ist an literarischer Qualität interessiert und läßt ein Faible insbesondere für Hermann Hesse (dem „Steppenwolf“ war das erste Demo-Band gewidmet), aber auch für Jean Paul, Georg Heym und Bertolt Brecht erkennen. Der Hörer wird nicht mit der leichten Kost eines Appells abgespeist, seinen Individualismus gefälligst als kretinöser und marktkonformer Libertin zu leben, sondern als Persönlichkeit gefordert. Der politische Anspruch übersteigt das Niveau des Video-Clip-TV, das allen Menschen alles Gute wünscht, ohne in der Vermengung diverser Positionen – zum Beispiel der Kritik an Militarismus und Immigration – politisch eindeutig lokalisierbar zu sein. Da es sich die Band nicht nehmen läßt, auch Meinungen zu äußern, denen nicht alle zustimmen, die über den geistigen Zustand unserer Republik wachen, hat sie wiederholt manch altbekannte Schelte über sich ergehen lassen müssen. Eine Blockade der Kreativität scheint dies aber nicht bewirkt zu haben, im Gegenteil.

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