Sieben Jahre lang war der in Weinberg in der Steiermark geborene Ludwig Hirsch nicht mehr im Studio gewesen; seit 1996 („Tierisch“) ist keine neue CD mehr vom Meister des Morbiden erschienen. Statt dessen spielte er erfolgreich die Rolle des „Nestor Le Fripe“ in „Irma la Douce“, übernahm einen Part in Herman van Veens Kindermärchen „Colombine und der Stimmendieb“ und begab sich zur Jahrtausendwende, ausschließlich begleitet von seinem langjährigen Gitarristen Johann M. Bertl, auf mehrere ausgedehnte Tourneen, auf denen er unter dem Motto „Dunkelgrau“ die bösesten, schwärzesten Lieder seiner rund 25jährigen Karriere als Liedermacher und Chansonsänger höchst erfolgreich im Minimalarrangement präsentierte. Erst vor kurzem gab es mit „Perlen“ (Amadeo/Universal Austria) ein neues Album des 57jährigen einstigen Charakterdarstellers am Wiener „Theater in der Josefstadt“. Der „typische Wiener aus der Steiermark“ erzählt 13 Lieder lang Geschichten zwischen Feinfühligkeit und Zynismus. Texte aus der Nische des Absurden und Makaberen, wie stets bei Hirsch eindringlich, aufrüttelnd und nicht immer leichtverdaulich aufbereitet. Produziert unter anderem von Keyboardlegende Christian Kolonovits und seinen Stammusikern Johnny Bertl und Manfred Schweng, sorgt – neben den wie immer herausragenden Texten – besonders Hirschs stets etwas schmierige, ironische Stimme für die durchgehend hohe Qualität seiner neuen Songs. In diesen geht es mal ganz sanft und einschmeichelnd um seelischen Trost für eine liebe Freundin („Draußen schmilzt der Schnee“), um eine märchenhafte Short Story, zusammengeb(r)aut aus bitterbösen Kinderreimen, („Kinder“), oder das „Heimweh“ eines Ausgegrenzten und Verbitterten nach Kärnten. Seinen verstorbenen Eltern widmet Hirsch die Ballade „Die 2“, während er im verruchten Talking-Blues „Killer“ aus der Sicht eines Auftragsmörders dessen Gefühle schildert, wenn er Minuten vor der Tat erstmals seinen späteren Opfern gegenübersteht. Hochachtung und Angst halten sich die Waage in der Kurzgeschichte über einen poetischen Mörder, den alle nur „Flachmann“ nennen. Der Hypochonder, der alles dafür gibt, von seiner hübschen Ärztin an allen möglichen wunden Punkten und Stellen angefaßt zu werden, kommt in „Verstaucht“ zu Wort. Doch Hirsch kann in seinen musikalischen Kurzfilmen auch ganz brav und liebevoll sein, so im schlagerhaften „Ich liebe Dich“ oder im flockigen Boogie Woogie „Billasackerl“: „I mecht a Billasackerl voll mit Busserln von Dir!“ Zynischer Höhepunkt des Albums ist die Homosexuellenparodie „Der Sepp und ich am Herrenklosett“ – musikalisch eine trashige „Anton aus Tirol“-Parodie; textlich bitterböse, aber trotzdem so eingängig, daß es die Nummer auf einen typischen Ballermann-Partysampler geschafft hat. Ansonsten öffnet sich Hirsch weder in seiner Lyrik noch in deren musikalischer Aufbereitung in irgendeiner Form der Oberflächlichkeit und Simplizität des musikalischen Einheitsgeschmacks. „Perlen“ ist ein reifes Alterswerk, schelmisch wie eh und je, provokativ und oft gnadenlos offenherzig, aber nie vulgär – und trotz aller Bitterkeit und Ironie sanftmütig und unaufgeregt. Keine CD zum Zwischendurchhören, sondern zum Genießen, Mitfühlen und vor allem Mitschaudern. Kein Wunder, daß „Perlen“ in Österreich bereits vergoldet wurde; auch die Tournee, die Ludwig Hirsch im Herbst dieses Jahres durch Österreich und die wichtigsten bundesdeutschen Städte führt, dürfte ein großer Erfolg für einen Künstler werden, der es stets geschafft hat, ein Vierteljahrhundert lang eine feste, unverrückbare Größe im österreichischen Musikgeschäft zu bleiben.