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Interesse an einer geheimnisvollen Aura

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Mit der Verhaftung eines mutmaßlichen DDR-Auftragsmörders in diesem Herbst in Brandenburg wurde wieder klar: Die Geschichte der Geheimdienste im einstigen Machtbereich Moskaus ist auch ein wesentlicher Teil der Geschichte des ehemaligen Ostblocks insgesamt. Die Beschäftigung mit dieser Materie, die nachrichtendienstlichen Studien, wurde lange Enthüllungsjournalisten und populärwissenschaftlichen Autoren überlassen. Im anglo-amerikanischen Raum widmeten sich Historiker immerhin bereits seit Mitte der siebziger Jahre dieser sensiblen Thematik. Mit Beginn des neuen Jahrtausends hat aber nun der deutsche Sprachraum diesbezüglich kräftig aufgeholt. Jüngstes Beispiel ist der gerade erschienene Band „Im Schatten der Geheimdienste – Südtirol 1918 bis zur Gegenwart“, der von Gerald Steinacher herausgegeben wurde. Als vielfaches Frontland wurde das Land zwischen Brenner und Salurner Klause bald nach Einverleibung in den italienischen Staat zum Exerzierfeld etlicher Geheimdienste. Die Autoren schildern, wie die politische Polizei der Faschisten und die alliierten Geheimdienste dort arbeiteten. Zum selben Thema, „Südtirol und die Geheimdienste. 1943-1945“, legte der Herausgeber schon im Jahr 2000 eine 350 Seiten starke Monographie vor. Darüber hinaus zeigen Steinacher und seine Kollegen im neuen Sammelband, daß sich im demokratischen Nachkriegsitalien die Aktivitäten im Verborgenen eher noch verstärkten, als daß sie zurückgingen, lag doch das Gebiet mit seinen ethnischen Spannungen ausgerechnet im Land mit der stärksten Kommunistischen Partei des Westens. Auch für die italienischen Dienste selbst wurde Südtirol zur „Trainingshalle“, wie Christoph Franceschini in seinem spannenden, aber zugleich wissenschaftlich fundierten Aufsatz über die Situation in den sechziger Jahren darstellt, die Zeit der Attentate des Befreiungsausschusses für Südtirol (BAS). Franceschini schöpft dabei aus bereits freigegebenen Geheimdienstakten zu Christian Kerbler, Agent des italienischen Militärgeheimdienstes und Mörder von BAS-Anführer Luis Amplatz. Franceschinis Kollege Hans Karl Peterlini wagt sich an das schwierigere Thema der Geheimdienstaktivitäten in Südtirol von den achtziger Jahren bis in die Gegenwart heran. Der Autor von „Bomben aus zweiter Hand“ stellt in seinem Aufsatz die einstigen Mehrfachagenten Peter Weinmann und Herbert Hegewald vor, die neben mehreren westlichen Diensten auch noch die DDR-Staatssicherheit mit Südtirol-Interna bedienten. In einem Ausblick zeigt Peterlini mögliche Aufgaben der italienischen Geheimdienste in der Zukunft auf, darunter den von Außenminister Franco Frattini beschworenen „Öko-Terrorismus“. Der Grazer Professor Siegfried Beer führt in den Band mit einer recht ausführlichen Bestandsaufnahme der Geheimdienstforschung ein, in der er auch den renommierten amerikanischen Politikwissenschaftler Loch K. Johnson erwähnt. In Deutschland ist von dem Professor „Bomben, Wanzen und Intrigen – Amerikas Geheimdienste“ erschienen. Der reißerische Titel verschleiert, daß es sich um eine saubere politikwissenschaftliche Abhandlung handelt. Die Beziehungen der amerikanischen Geheimdienste untereinander und zu anderen Exekutivbehörden werden detailliert geschildert und Probleme aufgezeigt. Wer jedoch erwartet, daß Johnson auch Abläufe darstellt, die in die Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon mündeten, wird enttäuscht. Mit Blick auf die US-Dienste schreibt er ungerührt von aller Kritik: „Und sie werden auch diejenigen zu fassen bekommen, die hinter den schrecklichen Anschlägen des 11. September stehen.“ Um so ausführlicher zeigt der Autor künftige Herausforderungen der Überwachungsbehörden auf: Industrie- und Wirtschaftsspionage, Umweltbedrohungen und Krankheiten. Einige Publizisten aus dem deutschsprachigen Raum haben sich besonders durch die Aufarbeitung von Akten beider deutscher Diktaturen auf dem internationalen Parkett als Nachrichtendienstexperten profiliert. Zudem sind in diesem jungen Jahrhundert eine Reihe von Veröffentlichungen zu den Diensten der Bundesrepublik erschienen, darunter etwa „Gegen Freund und Feind. Der BND: Geheime Politik und schmutzige Geschäfte“ von Michael Mueller und Peter F. Müller. Eine geglückte Zusammenstellung der nachrichtendienstlicher Aktivitäten im Kalten Krieg mit ausführlichen bibliographischen Angaben haben Dieter Krüger und Armin Wagner vorgelegt. Der von ihnen herausgegebene Sammelband „Konspiration als Beruf“ führt anhand von Biographien der Geheimdienstchefs durch die Geschichte: So wird Reinhard Gehlens Karriere vom ehemaligen Spionagegeneral Hitlers als Chef der FHO (Fremde Heere Ost) bis zum ersten Leiter des Bundesnachrichtendienstes ebenso skizziert wie die Laufbahn Wilhelm Zaissers, der in den zwanziger Jahren in der geheimen Organisation der KPD „M-Abteilung“ mit tonangebend war und später erster Chef der Stasi wurde. Zum selben Thema, Geheimdienste im Kalten Krieg, muß auch das Begleitbuch zur Ausstellung „Duell im Dunkel“, die dieses Jahr in Leipzig und Bonn zu sehen war, erwähnt werden: Es liefert nicht nur Analysen, sondern auch Dokumente, darunter ein Interview mit dem Sohn von Günter Guillaume, Pierre Boom. Der Berliner Journalist gibt darin an, niemand von seiner Familie habe am Morgen der Verhaftung seines Vaters den Satz „Ich bin Bürger der DDR und ihr Offizier“ gehört, der Guillaume im Prozeß hinterher angelastet wurde. Eine breit angelegte Geheimdienstgeschichte mit einem soziologischen Ansatz schrieben Reinhold Knoll und Martin Haidinger. Die beiden beginnen bei Hannibals Spionen im Zweiten Punischen Krieg, ohne die dieser die „waghalsige Belagerung von Saguntum in Spanien“ nicht überstanden hätte. Die Autoren schließen mit soziologischen Betrachtungen über die Stellung von Sicherheitsbehörden in der heutigen Gesellschaft. Anhand des Beispiels Wilhelm Höttls behandeln sie besonders ausführlich die Diskrepanz von Schein und Sein in der Geschichte der Dienste: Der einstige überzeugte Nationalsozialist und stellvertretende Chef des SD-Ausland ließ sich nach dem Krieg vom amerikanischen Counter Intelligence Corps anwerben. In beiden Lebensabschnitten war er wohl nicht sehr erfolgreich, wie Knoll und Haidinger meinen. Der rote Faden des Buchs führt entlang den Sonderbarkeiten und Abirrungen dieser Geschichte, die vor allem eines belegen: Die Geschichte des Verrats ist ein Teil der Menschheitsgeschichte. Gerald Steinacher (Hrsg.): Im Schatten der Geheimdienste. Studienverlag, Innsbruck 2003, 286 Seiten, 25,82 Euro Gerald Steinacher (Hrsg.): Südtirol und die Geheimdienste 1943-1945. Studienverlag, Innsbruck 2000, 350 Seiten, 30 Euro Hans Karl Peterlini: Bomben aus zweiter Hand. Edition Raetia, Bozen 1992, 300 Seiten, Abbildungen, 19,70 Euro Loch K. Johnson: Bomben, Wanzen und Intrigen – Amerikas Geheimdienste. Patmos Verlag, Düsseldorf 2002, 300 Seiten, 29,90 Euro Peter F. Müller, Michael Mueller: Gegen Freund und Feind – Die Geschichte des BND. Rowohlt Verlag, Reinbek 2002, 720 Seiten, gebunden, 24,90 Euro Dieter Krüger, Armin Wagner (Hrsg.): Konspiration als Beruf – Deutsche Geheimdienste im Kalten Krieg. Christoph Links Verlag, Berlin 2003, 280 Seiten, 19,90 Euro Stiftung Haus der Geschichte, Zeitgeschichtliches Forum Leipzig: Duell im Dunkel – Spionage im geteilten Deutschland. Böhlau Verlag, Köln 2002, 160 Seiten, Fotos, 19,90 Euro Reinhold Knoll, Martin Haidinger: Spione, Spitzel und Agenten. Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten 2001, 432 Seiten, 24,90 Euro

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