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Das sterbende Dorf

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Das sterbende Dorf

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Die deutschen Landgemeinden sterben aus. Gleichzeitig quillen die Großstädte vor Menschen über. Dieses Ungleichgewicht ist politisch verursacht.

Immer öfter wird die Überalterung von Dörfern und kleinen Gemeinden beklagt. Die Versorgung durch den Einzelhandel bricht zusammen, leere Schaufenster prägen die Ortsmitten, Landärzte müssen ihre Praxen aus Altersgründen aufgeben und finden keine Nachfolger, die Immobilienpreise in den schrumpfenden Gemeinden fallen ins Bodenlose, weil keine zuziehenden Käufer mehr gefunden werden.

Das Problem ist im Osten der Republik schon lange bekannt, doch es hat längst auch den Westen erreicht. Man muß sich gar nicht mehr weit von den Ballungszentren entfernen. Die Zukunft vieler deutscher Landstriche sieht düster aus. Großflächige Entvölkerungen drohen. Zumindest so lange die Sicherheitslage in den Städten nicht so bedrohliche Ausmaße annehmen sollte, daß es wieder zu Fluchtbewegungen in Richtung Land kommen könnte. Doch auch dies ist nicht sicher. Der Blick in viele Metropolen Afrikas und Südamerikas zeigt nämlich, daß selbst Kriminalität keinen Hemmschuh für das rasante Anwachsen der Groß- und Millionenstädte darstellt.

Stadtverdichtung und die Perfidie der Grünen

Gleichzeitig setzen die Großstädte weiterhin auf Verdichtung. Jedes noch so kleine Brachgrundstück wird derzeit bebaut, auf Abrisse folgen noch höhere Wohn- und Bürohäuser. Von den Wachstumsfetischisten der alten etablierten Parteien erwartet man keine Antworten mehr auf diese lange vorhersehbaren US-Trends, die wenig mit einer begrüßenswerten maßvollen Stadtreparatur zu tun haben. Besonders unrühmlich aber tun sich mittlerweile die „Grünen“ hervor, die längst das Konzept der Verdichtung mittragen, die längst für weitere Zuwanderung in die Städte sogar die Bebauung größerer Grünflächen mit Trabantensiedlungen an den Stadträndern in Kauf nehmen.

Dabei gehen die „Grünen“ besonders perfide vor. Sie propagieren das Verdichten hinsichtlich der Zahl der Büroeinheiten und Wohnungen, doch sie schaffen nicht die Infrastruktur für einen derartigen Zuzug. Im Gegenteil – bestehende, schon durch Pendler täglich überlastete innerstädtische Straßennetze sollen durch großzügigen Ausbau von Fahrradwegen noch weiter zur Dauerstauzone verengt werden. Obwohl gleichzeitig weitere Bewohner, Besucher und Anlieferer in die Stadt gelockt werden.

Der Verkehrsinfarkt und die Verschlechterung der städtischen Lebensqualität durch Stau und Baustellen wird von den „Grünen“ allerdings ökologisch verschleiert. So sollen die Flachdächer mit Rasen und die mit Dämmplatten beklebten Fassaden mit Rankpflanzen zugehängt werden, wie die rot-grüne baden-württembergische Landesregierung mit ihrer „Efeu-Novelle“ verlautbarte. So werden die ökologisch problematischen Folgen der Verdichtungspolitik zumindest optisch ein wenig kaschiert, und der „Grünen“-Wähler kann sich vielleicht einbilden, mit einer Weinranke am Balkon, die ohnehin nicht alt werden dürfte, das Weltklima gerettet zu haben, während gleichzeitig die Flächenversiegelung eifrig voranschreitet.

Monopolkapitalismus auch durch willfährige Kommunalpolitik

Die „grüne“ Utopie ist somit zunehmend eine menschenfeindliche. Ein weitgehend entvölkertes Grünland, das als ökologische Idylle möglichst wenig mit Menschen in Berührung kommen dürfte, steht einem urbanen Moloch aus Wohnhochhäusern gegenüber, deren Bewohner sich an etwas Efeu und einigen Blumentöpfen erfreuen sollen.

Außerdem ist die Vernichtung der oft mittelständischen Versorgungsstruktur des Einzelhandels nicht nur auf die Dörfer und kleineren Gemeinden beschränkt. Schon in den alten Einkaufsstraßen der Stadtteile der Großstädte finden sich zunehmend Schilder mit den Worten „Gewerbeflächen zu vermieten“ in den mit Packpapier verhängten Schaufensterflächen. Statt dessen schießen Gewerbegebiete mit riesigen Einkaufszentren, Möbelhäusern oder Baumärkten der weltweiten Ketten aus dem Boden, begleitet von großzügigen Parkplätzen und Entertainment-Möglichkeiten. Das Konzept des automobilisierten Einkaufens, das seit Jahrzehnten in den USA vorgelebt wird, mit „Shopping-Malls“ und verwaisten Innenbezirken der Landgemeinden, hat längst auch Europa im Griff.

Diese Entwicklungen in Richtung Monopolkapitalismus sind nicht vom Himmel gefallen, sondern sind maßgeblich auch von den kommunalen Politikern zu verantworten. Würden sie nicht nach Gewerbesteuereinnahmen schielen, um ihren städtischen Verpflichtungen nachzukommen, gegen die sie keinen Einspruch bei der Bundesregierung einlegen, bräuchten sie auch keine Flächen für den Bau von Einkaufszentren an den Stadträndern bereitstellen. Der Einzelhandel könnte besser überleben, weil die weiteren Distanzen zum nächsten EKZ oder zum Großsupermarkt viele Bürger abschrecken würden. Auch dem Online-Geschäft von Branchenriesen wie Amazon oder Zalando könnte ein Riegel vorgeschoben werden, indem eine Sondersteuer für Online-Bestellungen erhoben würde.

Abschied von der Wachstumsideologie würde helfen

Der Bürger könnte auf diese Weise im Einzelhandel die womöglich wieder günstigeren Angebote finden. Große Online-Händler, die ihre Belegschaft oft zu schlechten Bedingungen im Akkord schuften lassen, könnten sich dann überlegen, ihre Unternehmensstruktur umzubauen und eventuell auf eigene Ladengeschäfte umzusteigen. Auch der Verdichtung könnte entgegengewirkt werden, indem Zuzug in die Städte begrenzt würde. Man müßte aber Abschied vom Wachstumsglauben nehmen. Wohnraum, der ohnehin oft nur noch zu hohen Mieten erschwinglich ist, bliebe in der Höhe begrenzt und würde trotzdem nicht zusätzlich auf Kosten städtischer Grünflächen geschaffen. Statt dessen könnte man massiv in den Ausbau der Infrastruktur des Landes investieren.

Dörfer und Landgemeinden müßten dafür weit besser an den öffentlichen Nahverkehr angebunden werden, örtlicher Einzelhandel finanziell gestärkt, Landärzte mit höheren steuerlichen Vergünstigungen gefördert werden. Dies wäre viel ökologischer, als bestehende ganze Ortsteile mittelfristig abzureißen, um sie in veränderter Form in den Großstädten neu zu erbauen. Es wäre viel möglich, doch der etablierten Politik mangelt es an Willen und Phantasie.

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